Britische Polizeigewerkschaft hat harsche Kritik an Blaulicht-Funknetz
Die Scottish Police Federation (SPF) hat auf Eingriffe in die Privatsphäre der Ordnungshüter hingewiesen. Via GPS-Empfänger im Tetra-Handy könne jederzeit der genaue Standort jedes Polizisten ermittelt werden.
Großbritannien erhält ein neues TETRA-Netz. Das von mmO2 betriebene Airwave-System wird vorerst von der Polizei genutzt, teilweise sind auch schon andere Blaulichtorganisationen an Bord. Wichtige Infrastrukturbetreiber wie etwa Elektrizitätsunternehmen sollen folgen. Ein erstes TETRA-Netz war ab 1998 von Dolphin Telecom betrieben worden, nach der zweiten Pleite des Unternehmens wurde das Netz vergangenes Jahr abgeschaltet. Im Großteil des Landes ist Airwave bereits betriebsbereit, die fehlenden Bezirke sollen in den nächsten Wochen On Air gehen. Das Netz funkt im Bereich von 160, 400 sowie 870 MHz und überträgt auf einem 25 kHz breiten Kanal maximal 28,8 Kbit/s. Ein Mobile Application Gateway soll Polizisten auf Patrouille "praktisch jede Information" aufs TETRA-Handy liefern. Während die Behörden und O2 die positiven Auswirkungen der neuen Technologie betonen, hagelt es von unterschiedlichen Seiten Kritik.
Die Scottish Police Federation (SPF), welche die Interessen der Polizisten vertritt, hat auf Eingriffe in die Privatsphäre der Ordnungshüter hingewiesen. Die in den TETRA-Handys eingebauten GPS-Empfänger können von der Zentrale über das Netz ausgelesen werden, also kann jederzeit der genaue Standort jedes Polizisten und jedes Polizeikraftfahrzeugs ermittelt werden. Die SPF hat nun mit den Vertretungsorganisationen der Vorgesetzten, namentlich der Association of Chief Police Officers und der Association of Scottish Police Superintendents, ein Abkommen geschlossen. Demnach darf der Aufenthaltsort von Kollegen außerhalb deren Dienstzeiten nur mit ausdrücklicher Genehmigung eines höheren Polizeioffiziers eruiert werden.
Die GPS-Module sollen die zentrale Einsatzplanung vereinfachen und die Kommunikation beschleunigen, da die Polizisten bei einer Meldung nicht mehr ihren Standort durchsagen müssen. Schon weniger nachvollziehbar sind die Hoffnungen, die in die Technik für den Fall gesetzt werden, dass ein Gendarm als Geisel genommen wird. Da die GPS-Funktion nun allgemein bekannt ist, würde ein Geiselnehmer sich wohl umgehend aller TETRA-Handys entledigen. Zudem gibt es technische Probleme mit der in den Geräten eingebauten Notruf-Funktion. Bei Betätigung eines speziellen Knopfes soll sofort eine Verbindung zur Zentrale und zu in der Nähe befindlichen Kollegen hergestellt werden. Dies klappt noch nicht immer, beziehungsweise solche Notrufe werden unvollständig übermittelt.
Die Police Federation, die für England und Wales zuständige Schwesterorganisation der SPF, sorgt sich indes um die Gesundheit ihrer Mitglieder. Das System würde zwar die Sicherheit für Polzisten erhöhen, aber "wir bleiben besorgt und haben Bedenken geäußert, über den Einsatz eines Systems vor der Kenntnis aller Langzeitauswirkungen auf die Gesundheit." Mit der Regierung wurde ein Übereinkommen getroffen, wonach mindestens 15 Jahre lang die Gesundheit der Airwave-nutzenden Polizisten beobachten werden soll. Die 5 Millionen Pfund (rund 7,1 Millionen Euro) teure Begleitstudie wird vom Imperial College London durchgeführt. Netzbetreiber und Wissenschaftler betonen unterdessen, dass es keine Hinweise auf Gesundheitsschädlichkeit gäbe.
Während Bürgerinitiativen gegen optische Beeinträchtigungen durch Sendermasten protestieren, kämpft die Exekutive mit Netzlücken. Als besonders peinliches Beispiel führt die Polizei in Edinburgh die fehlende Versorgung rund um das schottische Parlament und den königlichen Palace of Holyroodhouse an. Auch wenn die TETRA-Endgeräte auf kurzen Entfernungen direkt untereinander und somit ohne Netzabdeckung kommunizieren können, verhindern solche Versorgungsprobleme vorerst die Deaktivierung der analogen Funksysteme. Auch die Kommunikation mit Hubschraubern und anderen Luftfahrzeugen der Exekutive funktioniert noch nicht. Zudem gibt es verschiedentlich Verzögerungen bei der Installation von TETRA-Geräten durch Drittfirmen. (Daniel AJ Sokolov) / (tol)