Britische Wahlkommission gegen weitere E-Voting-Versuche

Ein Kommissionsbericht offenbart Kosten zwischen 150 und 900 Euro für jede elektronisch abgegebene Stimme in England.

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Von
  • Richard Sietmann

Die Electoral Commission, die vom englischen Parlament eingesetzte Wahlaufsichtsbehörde, hat sich gegen weitere Pilotversuche mit Internet- und Telefonwahlen ausgesprochen. Sie verlangt stattdessen von der Regierung eine klare Strategie zur Modernisierung des Wahlsystems. "Wir haben in den letzten Jahren bei den Pilotversuchen viel gelernt", erklärte der Vorsitzende Peter Wardle jetzt bei der Vorlage der offiziellen Auswertung der jüngsten Tests bei den Kommunalwahlen Anfang Mai, "aber wir sehen keinen Sinn darin, scheibchenweise mit kleinen Feldversuchen weiterzumachen, in denen jedes Jahr mit unzureichenden Planungs- und Umsetzungszeiten und ohne klare Richtung oder Aussicht auf neue Erkenntnisse ähnliche Innovationen untersucht werden".

Der Kommissionsreport bestätigt im wesentlichen die von den Wahlbeobachtern der Cyberrechtsorganisation "Open Rights Group" bereits Ende Juni berichteten Mängel und technischen Schwierigkeiten. So hatten beispielsweise die Wahlvorstände in Stratford und Warwick von der elektronischen zur Handauszählung zurückkehren müssen, weil die Stimmzettel-Scanner streikten; in Swindon, wo die Wähler von jedem der 64 vernetzten Wahllokale aus ihre Stimme abgeben konnten, hatte es Probleme mit der Konnektivität und den eingesetzten Laptops gegeben.

Zu den Kommunalwahlen am 3. Mai waren in sieben Wahlbezirken Stimmzettel-Scanner zur Auszählung ("E-Counting") eingesetzt und in fünf weiteren die Stimmabgabe mit Internet- und Telefonwahlsystemen der Firmen ES&S, Opt2Vote und Tata Consultancy Services ermöglicht worden. Den Angaben der Electoral Commission zufolge hat sich die Wahlbeteiligung durch die zusätzlichen Möglichkeiten zur Stimmabgabe praktisch nicht verändert. In Shrewsbury, wo die Wähler außer per Internet und Telefon ihre Stimme auch noch an drei E-Voting-Kiosken abgeben konnten, stieg die Beteiligung von 41,2 auf 42,6 Prozent; in Rushmore fiel sie von 36,0 auf 35,2 Prozent. Der Anteil der elektronischen Stimmabgabe lag zwischen 3,4 und 17,7 Prozent.

Dem gegenüber weist die Kommission auf "extrem hohen" Kosten hin, die sich umgerechnet zwischen 150 und 900 Euro für jede elektronisch abgegebene Stimme bewegten. Zudem gebe es weiterhin Probleme mit der Sicherheit und der Transparenz der Verfahren sowie den Möglichkeiten der örtlichen Wahlämter, die Kontrolle über den Wahlprozess zu behalten. Vonnöten sei deshalb eine breitere öffentliche Debatte über den Sinn dieser Innovationen. "Wir glauben", heisst es in dem Bericht, "dass die Veröffentlichung einer klaren Strategie zur Modernisierung des Wahlsystems eine solche Debatte erleichtern und voranbringen würde".

(Richard Sietmann) / (hob)