Britisches Patentamt verweigert Sony P2P-Patente

Ein Prüfer der britischen Patentbehörde hat zwei von Sony angemeldete Schutzansprüche zur Verbesserung des legalen Dateiaustauschs zurückgewiesen, da Computerprogramme nicht patentierbar seien.

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Das britische Patentamt hat zwei von Sony angemeldete Schutzansprüche zur Verbesserung des legalen Dateiaustauschs über P2P-Netzwerke zurückgewiesen, da "Computerprogramme nicht patentierbar sind". Die Prüfer der Behörde berufen sich dabei auf das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ). Diese Basis für die Schutzrechterteilung durch das Europäische Patentamt (EPA) untersagt die Patentierung von Software zur Datenverarbeitung "als solcher".

Das EPA interpretiert diese Klausel seit Jahren recht weit. So gehen seine Beschwerdekammern davon aus, dass etwa bei der "Verbesserung des Kontrastes von einem Bild" durch eine gemischte Hard- und Softwarelösung oder durch Verbesserungen eines Computerspeichers von einem "technischen Effekt" auszugehen und ein Patentschutz möglich ist. Das britische Patentamt legt die Grundbedingungen des EPÜ nun aber strenger aus als das Europäische Patentamt und beharrt damit auf sehr enge Grenzen der Patentierbarkeit von Software.

Die beiden von Sony USA auch beim EPA beantragten Schutzansprüche werden in Großbritannien unter den Anmeldenummern WO03102776 beziehungsweise GB2404059 geführt. Bei Ersterem geht es um die Einbindung von Metadaten in den Nutzungsverlauf von Filesharern, womit die gemeinsamen Interessen in P2P-Netzen besser deutlich gemacht werden sollen. Sonys Ziel ist es, auf Basis dieser zusätzlichen Informationen, unterstützt von speziellen Suchfunktionen, leichter einzelne Gemeinschaften in sonst vergleichsweise unübersichtlichen Systemen zum Dateitauschen auszumachen und Funktionen fürs "soziale Netzwerken" einzufügen. Das Besondere an der beschriebenen Methode ist dabei, dass die Nutzer bei dem Verfahren über Aliase gekennzeichnet und so pseudonym beziehungsweise anonym bleiben.

Der zweite Schutzanspruch ist eng an den ersten angelehnt. Hierbei geht es darum, einem Nutzer auf verschiedene Arten anhand der gemeinsamen Identifikationsmerkmale für ausgetauschte Inhalte visuell vor Augen zu führen, welche gemeinsamen Interessen er mit anderen Usern des gleichen Kommunikationsnetzwerkes hat. Dadurch sollen etwa auch Umfragen unter den Mitgliedern einer Community unterstützt werden.

Das britische Patentamt hatte Sony frühzeitig signalisiert, dass ein gewerblicher Rechtsschutz dieser Erfindungen nicht möglich sei. Der Elektronik-Konzern, der über seine Tochter Sony BMG auch am Vertrieb von Musik über P2P-Netze interessiert ist, bestand aber auf einer Anhörung in der Behörde. Dabei argumentierte Jonathan DeVile, der Patentexperte Sonys, dass beide Entwicklungen als Interaktionsmittel zwischen Kommunikationsgeräten und keinesfalls als Computerprogramme zu charakterisieren seien. Es handle sich um Lösungen für "technische Probleme" wie die Suche nach Medieninformationen in Netzwerken, die ohne zentralen Servereinsatz auskämen. Gleichzeitig verwies DeVile darauf, dass das TRIPS-Abkommen (trade-related aspects of intellectual property rights) Patente für jegliches Feld der Technik vorsehe.

In seiner Entscheidung (PDF-Datei) stellt der Prüfer des britischen Patentamts, Bruce Westerman, nun zunächst klar, dass die TRIPS-Vereinbarung in Großbritannien nicht ins nationale Recht umgesetzt worden sei und daher unabhängig von ihrer Aussagekraft im Bereich der Softwarepatentierung nicht herangezogen werden könne. Darüber hinaus erkannte er zwar an, dass es sich bei den beiden angemeldeten Lösungen um neuartige und nicht offensichtliche Erfindungen handle. Sie bezögen sich allerdings rein auf Computerprogramme als solche beziehen und seien nicht patentrechtlich zu schützen.

Konkret führt Westerman aus, dass bei den beschriebenen Erfindungen jeder Nutzer auf seinem Kommunikationsgerät eine spezielle Software zum Ausführen der zum Patent angemeldeten Funktionalitäten braucht. Dass einzelne Unterroutinen dieser Programme auf verschiedenen Rechnern an unterschiedlichen, räumlich getrennten Örtlichkeiten abliefen, ändere in der modernen, vernetzten Computerwelt nichts am Ausschluss von Software von der Patentierbarkeit. Dies sei auch der klare Wille des britischen Parlaments gewesen, das die Anforderungen des EPÜs in ein nationales Patentgesetz eingebaut habe.

Die Erfindungen liegen laut Westerman generell auf der Ebene der Programminstruktionen und damit im Bereich "geistiger Informationen". Beim besten Willen könne man so der Erfindung keinen "technischen Charakter" unterstellen. Zu einem vergleichbaren Schluss kommt Westerman auch bei der Prüfung des zweiten Patentanspruchs. Bis Anfang September hat Sony nun noch Zeit, gegen den Beschluss Widerspruch einzulegen.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (anw)