Mauritius sperrt vor Parlamentswahl Social Media
Vor der Parlamentswahl hat die Regierung von Mauritius große soziale Netzwerke wegen geleakter Abhörmitschnitte gesperrt. Die KeepItOn-Koalition interveniert.

(Bild: FON's Fasai/Shutterstock.com)
Die Regierung von Mauritius reagiert vor den Parlamentswahlen am 10. November scharf auf einen Abhörskandal: Sie hat den Zugang zu allen großen sozialen Netzwerken für die Bürger des Inselstaats im Südwesten des Indischen Ozeans blockiert. Die nationale Regulierungsbehörde, die Information and Communication Technologies Authority (ICTA), ordnete die Sperre für einen Zeitraum bis zum 11. November an. Die Maßnahme soll ihr zufolge dazu dienen, illegale Veröffentlichungen von Audio-Clips über Social Media und das Internet zu kontrollieren, welche "die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung bedrohen" könnten.
Zuvor waren über soziale Medien abgehörte Kommunikationsmitschnitte von Politikern, Geschäftsleuten und Vertretern der Zivilgesellschaft geleakt worden. Davon seien auch fünf bekannte Journalisten betroffen gewesen, erklärte die Organisation Reporter ohne Grenzen. Ministerpräsident Pravind Jugnauth und die Polizei beklagten, die aufgenommenen Gespräche seien vor ihrer Veröffentlichung mit Künstlicher Intelligenz (KI) manipuliert worden. Der Regierungschef kämpft aktuell um seine Wiederwahl für die nächsten fünf Jahre und eine Mehrheit für seine Partei Militant Socialist Movement (MSM).
Demokratie wird untergraben
Die britische Beobachtungsstelle NetBlocks hat bestätigt, dass mehrere Social-Media-Plattformen in Mauritius nicht mehr zugänglich sind. Von ihr am Freitag veröffentlichte Statistiken weisen durchweg null Prozent Datenverkehr von den großen Netzbetreibern des Landes zu Diensteanbietern wie Facebook inklusive Messenger, LinkedIn, Tiktok, YouTube und X auf. Der Telekommunikationsdienstleister Emtel erklärte zuvor, Techniker arbeiteten daran, die Sperrvorschrift umzusetzen.
Mitglieder der Koalition KeepItOn forderten die Regierung von Mauritius am Freitag dringend auf, die anhaltende Abschaltung sozialer Medien unverzüglich zu beenden. Zu dem globalen Netzwerk haben sich über 334 Menschenrechtsorganisationen aus 105 Ländern zusammengeschlossen. Dazu zählen Access Now, die Electronic Frontier Foundation (EFF), das International Press Centre (IPC) und Reporter ohne Grenzen. "Mauritius ist für seine starke Haltung bei der Wahrung politischer und bürgerlicher Freiheiten bekannt und wird seit jeher als freies Land eingestuft", schreibt die Allianz. "Doch die gezielte Abschaltung wichtiger Social-Media-Plattformen kurz vor den Wahlen birgt die Gefahr, die Menschenrechte und den demokratischen Fortschritt des Landes zu untergraben."
Auch Netzbetreiber stehen in der Kritik
Derlei Blockaden verhinderten, "dass Wähler, Journalisten, Opposition und Wahlbeobachter auf wichtige Informationen zugreifen oder diese teilen können", argumentiert KeepItOn. Das unterwandere die Fairness, Glaubwürdigkeit und Transparenz der Wahlen. Die amtierende Regierung werde damit ermächtigt, "die Berichterstattung während des gesamten Wahlzeitraums zu kontrollieren". Die mauritische Verfassung garantiere die Meinungsfreiheit und den Zugang zu Informationen als grundlegende Menschenrechte, heißt es weiter. Dies gelte auch für internationale Abkommen wie den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) und die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (ACHPR).
Telekommunikationsunternehmen erinnern die zivilgesellschaftlichen Organisationen zudem an ihre "Pflicht, die Menschenrechte zu wahren und proaktiv gegen rechtsverletzende Praktiken wie die Abschaltung des Internets vorzugehen". Sie dürften der Auflage daher gar nicht Folge leisten. Die Regierung müsse zudem sicherstellen, dass der Internetzugang wieder vollständig hergestellt werde. Das Internet Governance Forum (IGF) und die Internet Society warnten parallel: Eine Sperre digitaler Plattformen ersticke nicht nur demokratische Prozesse, sondern schade auch der Wirtschaft.
(nie)