Bund: Lizenzkosten für Microsoft auf hohem Niveau, insgesamt neuer Rekord

Das Finanzministerium wollte die Zahlen für 2023 zunächst geheim halten, doch der Protest war zu groß. Ein Haushaltspolitiker spricht von explodierenden Kosten.

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(Bild: Marian Weyo/Shutterstock.com)

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Ursprünglich wollte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dieses Jahr verhindern, dass die Öffentlichkeit Einblick in die ständig steigenden Kosten der Bundesverwaltung für Software-Lizenzen und IT-Dienstleistungen wie Beratung, Wartung und Cloud- oder Serverdienste erhält. Doch nach Protest darf der Bundestagsabgeordnete Victor Perli von der Fraktion "Die Linke" die Zahlen nun publik machen. Alle Ressorts der Bundesregierung haben laut einer heise online vorliegenden Übersicht 2023 erstmals mehr als eine Milliarde Euro für die Nutzung von Lizenzen für Computerprogramme und IT-Services ausgegeben: Die einschlägigen Gebühren sind von rund 771 Millionen Euro im Jahr 2022 auf über 1,2 Milliarden in 2023 gestiegen. Das entspricht einer Zunahme von 441 Millionen Euro beziehungsweise rund 57 Prozent.

Perli erfragt die Kosten, die jährlich massiv steigen, seit 2018 bei der Exekutive. Sein Fokus liegt dabei vor allem auf Microsoft, nachdem EU-Experten bereits 2017 davor warnten, dass die Abhängigkeit von Produkten des Software-Riesen die digitale Souveränität gefährde. Wirtschaftsprüfer verwiesen 2019 in einer Studie auf "Schmerzpunkte bei der Bundesverwaltung". Die Ampel-Koalition hat sich vorgenommen: "Entwicklungsaufträge werden in der Regel als Open Source beauftragt." Laut dem aktuellen Überblick bleiben die Kosten für Microsoft-Lizenzen mit 197,7 Millionen Euro aber auf hohem Niveau. 2022 lagen sie noch bei rund 209 Millionen Euro, was für einen leichten Rückgang spricht.

Perli hebt jedoch hervor, dass das Bundesinnenministerium (BMI) sowie das Ressort für Umwelt und Verbraucherschutz und das Kanzleramt unvollständige Angaben gemacht hätten. Die Zahlen von 2023 und 2022 seien daher nicht direkt vergleichbar. Auch auf Basis der gelieferten Zahlen seien die Microsoft-Kosten seit 2017, als sie bei 74 Millionen Euro lagen, um mehr als 250 Prozent steil nach oben gegangen. Spitzenreiter bleiben hier das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) mit etwas über 95 Millionen Euro und das BMI mit knapp 43 Millionen. Es folgt das Bundesfinanzministerium (BMF) mit über 23 Millionen Euro. Von den fast 198 Millionen für Microsoft entfallen 98,5 Millionen auf unbefristete Lizenzen, 29 Millionen auf Abo-Modelle und 69 Millionen auf "weitere Leistungen oder Produkte".

Vor allem nach oben geschossen sind aber die Ausgaben für Software-Lizenzen anderer Anbieter als Microsoft. Im Haushaltsjahr 2022 gab die Bundesregierung dafür rund 562 Millionen Euro aus. 2023 waren es mit etwas über einer Milliarde Euro fast doppelt so viel. Die größten Kostenverursacher sind auch hier das BMVg, das BMI und das BMF. Um welche Software-Hersteller oder Dienstleister es sich handelt, lässt sich der Tabelle nicht entnehmen.

Lindner stufte die Ausgaben zunächst als "Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch" ein. Perli warf ihm daraufhin vor, Microsoft schützen zu wollen und "nicht das Gemeinwohl". Dabei hätten die Statistiken regelmäßig "Debatten über Open-Source-Software unterstützt und – wie ich aus Gesprächen weiß – auch das Problembewusstsein in den Ministerien geschärft". Die FDP habe sich unter ihrem Parteichef Lindner auch schon von Microsoft sponsern lassen. Das BMF gab der Beschwerde des Oppositionspolitikers schließlich teilweise statt.

Inhaltlich ist Perli mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Die hohen Ausgaben müssten "alle Verantwortlichen alarmieren", erklärte der Parlamentarier. Die Ampel-Koalition bekomme "die explodierenden Kosten nicht in den Griff". Der Bundeshaushalt sei "zu einer Gelddruckmaschine für Software-Konzerne geworden". Nachdem insbesondere Microsoft jahrelang die Preise in die Höhe getrieben und seine Monopolstellung "schamlos ausnutzen konnte, haben jetzt andere Unternehmen nachgezogen". Das Regierungsbündnis habe immer noch kein System für das Management teurer IT-Lizenzen eingeführt, moniert Perli. Deutschland und Europa müssten sich unabhängiger von Big-Tech-Konzernen machen, sonst drohten weitere Preisschocks und Datenmissbrauch. Bei der geplanten Verwaltungscloud sollte die Regierung Alternativen vorhalten. Es gelte zu verhindern, "dass die Beteiligung von Microsoft wieder zu horrenden Kosten führt".

(bme)