Bund und Länder wollen umstrittene Abhör-Ermächtigung des Zolls verlängern

Der Bundesrat entscheidet morgen über einen Antrag der alten Bundesregierung, die eigentlich bis Ende 2005 befristeten Befugnisse des Zollkriminalamts zur präventiven Überwachung um zwei Jahre zu verlängern.

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Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am morgigen Freitag über einen eilbedürftigen Gesetzesentwurf der alten Bundesregierung zu befinden, mit dem die umstrittenen Befugnisse des Zollkriminalamts zur präventiven Überwachung von Post und Telekommunikation um weitere zwei Jahre verlängert werden sollen. Dabei hatten sich Rot-Grün nebst Union in der vergangenen Legislaturperiode darauf verständigt, das Gesetz für den Zoll im Rahmen einer vorläufigen Novelle zunächst bis Ende 2005 zu befristen. Die Neugestaltung war im vergangenen Jahr notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die alten Abhörregeln für verfassungswidrig erklärt hatte.

Schwere Bedenken gegen die von den Ländern voraussichtlich gut geheißene Verlängerung der Abhörerlaubnis für das Zollkriminalamt ohne inhaltliche Korrekturen führt die Humanistische Union ins Feld. "Es darf nicht sein, dass sehenden Auges ein verfassungswidriges Gesetz verlängert wird", ermahnt Fredrik Roggan, stellvertretender Bundesvorsitzender des Bürgerrechtsvereins, die Politiker. Das Gesetz müsse in seiner jetzigen Form auslaufen. Laut der Humanistischen Union setzt die ebenfalls bereits im Eilverfahren verabschiedete Novelle vom Dezember 2004 die Vorgaben aus Karlsruhe nicht in ausreichendem Maße um.

"Auch bei Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis durch Telefonüberwachungen, darf der Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht angetastet werden", betont Roggan. Nach den Karlsruher Maßgaben, die etwa auch im Urteil zum Großen Lauschangriff festgeschrieben worden sind, gelte die Intimsphäre generell als unantastbar. Daran habe sich der Gesetzgeber auch bei der "vorbeugenden Bekämpfung bestimmter Straftaten" zu richten. Zudem dürfte die Legislative unkonkrete Pläne zur Gesamtreform der Telekommunikationsüberwachung nicht vorschieben, "um sich jetzt vor einer verfassungskonformen Regelung zu drücken". Den Bundestagsabgeordneten hält er vor, die von ihnen zunächst für die erste Hälfte 2005 angekündigte Evaluation und Sachverständigenanhörung zu der weiteren Gesetzesreform "zu Lasten der Grundrechte" versäumt zu haben.

Dem Zoll ist seit 1992 auf Anordnung das Öffnen von Postsendungen und das Abhören von Telefongesprächen erlaubt. Damit soll er Verstöße gegen das Außenwirtschafts- und das Kriegswaffenkontrollgesetz in Bereichen wie Staatsschutz, Betäubungsmittelkriminalität, Geldfälschung, Geldwäsche, Terrorismusbekämpfung oder dem unerlaubten Außenhandel mit Waren, Datenverarbeitungsprogrammen und Technologien besser verfolgen können. Mit der Gesetzesreform aus dem vergangenen Jahr sind insbesondere die Datenerhebungs- und Übermittlungsverfahren enger gefasst werden. Während das Zollkriminalamt hier früher relativ frei gewonnene personenbezogenen Informationen an Polizei und Geheimdienste weitergeben konnte, gibt es hier inzwischen klarere Vorschriften. So dürfen Erkenntnisse aus den Bereichen Staatsschutz, Betäubungsmittelkriminalität, Geldfälschung und Geldwäsche etwa an Strafverfolgungs- und Verfassungsschutzbehörden übermittelt werden, nicht jedoch an den Bundesnachrichtendienst. Der kann sich wiederum etwa bei der Gefahr terroristischer Anschläge beim Zollkriminalamt bedienen. Detaillierte Statistiken über die Inanspruchnahme der Befugnisse gibt es nach wie vor nicht. (Stefan Krempl) / (jk)