Bundesgerichtshof: Kein Geld für versteckte Dialer
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Kunden für die Einwahl eines heimlich installierten Dialers nicht bezahlen müssen.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az. III ZR 96/03) muss ein Telefonkunde die Entgelte für die Einwahl bei einer 0190- oder 0900-Rufnummer nicht bezahlen, wenn diese Anwahl heimlich über einen im Computer des Kunden installierten Dialer erfolgte. Das Gericht sah darin keinen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht des Kunden.
Im vorliegenden Fall hatte die Berliner Telefongesellschaft Berlikomm einen Betrag von rund 9000 Euro von einer Kundin gefordert. Der 16-jährige Sohn der Beklagten hatte beim Surfen im Internet eine Datei auf seinen PC heruntergeladen, die eine Beschleunigung der Datenübertragung versprach. Das Programm veränderte aber die Einstellungen im DFÜ-Netzwerk, sodass ab der Installation jede Einwahl über eine 0190-Nummer erfolgte. Trotz der Löschung der Datei blieben die Änderungen unbemerkt erhalten.
Die Einwahlen fanden von Mai bis August 2000 statt. Da Berlikomm in diesem Zeitraum verspätet Rechnung stellte, fielen die teuren Einwahlen nicht auf, sodass die Kundin keine Gegenmaßnahmen treffen konnte. Bei normaler Nutzung des Computers waren die Manipulationen des Einwählprogramms nicht zu bemerken.
Das Kammergericht Berlin hatte die Klage zuvor bereits abgewiesen. Berlikomm stünden lediglich die Beträge zu, die angefallen wären, wenn die Einwahlen über die vorgesehene Standardnummer erfolgt wären. Die Klägerin -- also Berlikomm -- müsse sich das Vorgehen des Inhabers der Mehrwertdienstenummer zurechnen lassen. Christlieb Klages, der Rechtsanwalt der Mutter, hatte dieser Entscheidung des Kammergerichts bereits eine mögliche Signalwirkung zugesprochen.
Der Bundesgerichtshof teilte im Revisionsverfahren nun die Ansicht des Berufungsgerichts. Es besteht kein Anspruch auf die Zahlung der 0190-Verbindungskosten. Der Vertrag zwischen Telefongesellschaft und Kunde enthielt keine ausdrückliche Bestimmung, die einen Fall wie den vorliegenden regelt. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zog das Gericht eine Klausel der AGB sowie § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV heran. Danach trifft den Kunden keine Vergütungspflicht für die Nutzung seines Anschlusses durch Dritte, sofern er diese nicht zu vertreten hat.
Der BGH befand nun, dass die Klägerin -- also die Telefongesellschaft -- ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Inanspruchnahme der Mehrwertdienste habe, da sie nur einen Teil des erhöhten Entgelts an andere Netz- und Plattformbetreiber abführen müsse. Daher sei es angemessen, die Telefongesellschaft das Risiko eines solchen Missbrauchs tragen zu lassen, den ihre Kunden nicht zu vertreten haben. Der BGH verneinte ausdrücklich einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht durch die Kundin und ihren Sohn. Sie hatten keinen Anlass zu Schutzvorkehrungen, da der Dialer nicht bemerkt werden konnte. Eine routinemäßige Vorsorge gegen Anwahlprogramme konnte nicht erwartet werden. (uma)