Bundesnetzagentur kündigt Reform des Strompreismodells an

Eine umfassende Reform der Netzentgelte soll die Kosten für Stromverbraucher gerechter verteilen, die Strompreise senken und die Energiewende vorantreiben.

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Pylon

(Bild: pan demin/Shutterstock.com)

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Die Bundesnetzagentur will die Netzentgelte reformieren, um sie in Zukunft verbrauchsabhängiger zu gestalten und so die Stromkosten zu senken. Bisher zahlen alle Verbraucher ein pauschales Entgelt für die Nutzung des Stromnetzes, unabhängig von ihrem tatsächlichen Verbrauch oder ihrer Anschlussleistung. Künftig sollen Haushalte mit geringem Stromverbrauch weniger zahlen, während Großverbraucher, die eine höhere Anschlussleistung benötigen, stärker zur Kasse gebeten werden.

Zudem sind die Netzentgelte in Deutschland derzeit regional sehr unterschiedlich. Insbesondere im Norden und Nordosten Deutschlands führt dies zu deutlich höheren Entgelten. Dort wird viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, die Kosten für Ausbau und Instandhaltung der Infrastruktur sind entsprechend höher. Dort ist auch die Bevölkerungsdichte geringer, weniger Menschen produzieren mehr Strom. Im Jahr 2023 waren die Netzentgelte in Schleswig-Holstein am höchsten. In einigen Bundesländern wie Bayern oder auch Baden-Württemberg sind die Netzentgelte dagegen niedriger, mehr Menschen produzieren weniger Strom aus erneuerbaren Energien. Mit der Neuregelung sollen die Mehrkosten, die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien entstehen, gerechter verteilt und regionale Unterschiede ausgeglichen werden.

Die Netzentgelte sind auch 2023 in Norddeutschland noch höher als in Süddeutschland.

(Bild: Bundesnetzagentur)

In einem ersten Schritt wird die besondere Kostenbelastung der Netzbetreiber ermittelt. Dazu bewertet die Bundesnetzagentur das Verhältnis der angeschlossenen Erzeugungsleistung aus erneuerbaren Energien zur Verbrauchslast im jeweiligen Netzgebiet und ermittelt eine Kennzahl. Ergibt sich auf Basis dieser Kennzahl eine Mehrbelastung durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, soll diese in einem zweiten Schritt finanziell ausgeglichen werden.

Die dadurch entstehenden Mehrkosten sollen dann bundesweit auf alle Stromverbraucher verteilt werden. Dazu soll die bestehende "§ 19-Umlage", die bereits heute die Netzkosten zwischen verschiedenen Netznutzern ausgleichen soll, möglichst unbürokratisch und rechtssicher erweitert werden. Auf diese Weise sollen belastete Regionen stark entlastet und die breite Masse leicht belastet werden. Die Entlastungsbeträge sollen über einen Zuschlag für besondere Netznutzung auf den Strompreis refinanziert werden, dessen Höhe die Übertragungsnetzbetreiber am 25. Oktober bekannt geben.

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Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, betont in einer Mitteilung, die Bedeutung der Neuregelung für einen ausgewogenen Strompreis: "Wir schaffen faire Netzentgelte für die Menschen und Unternehmen, die in Regionen mit einem starken Ausbau der Erneuerbaren leben und wirtschaften. Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und Investitionen in die Netze kommen allen zugute."

Der Beschluss der Bundesnetzagentur stößt auf ein geteiltes Echo: Einige Interessen- und Verbraucherverbände sehen in den neuen Tarifen durchaus Potenzial für Kosteneinsparungen und die Förderung erneuerbarer Energien. Andere hingegen befürchten, dass das Modell zu kompliziert ist, im Alltag der Verbraucher nicht ankommt und dem Wirtschaftsstandort Deutschland schaden könne.

(vat)