Bundesrat winkt Telekommunikationsgesetz und Anti-Terrorgesetze durch
Die Länder hatten es eilig, den Regulierungsferien für das VDSL-Netz der Telekom zuzustimmen. Sie verzichteten darauf, erneut gegen die Entschädigungsklausel für private Überwachungsgehilfen vorzugehen.
Die Länderchefs hatten es am heutigen Freitag eilig, die umstrittene Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Bundesrat passieren zu lassen. Nachdem der nordrhein-westfälische Minister für Bundes- und Europa-Angelegenheiten Michael Breuer sowie der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Hartmut Schauerte noch einmal für die ausgeglichenen Regelungen geworben hatten, stimmte der Bundesrat für die Novelle. Ein Antrag des federführenden Wirtschaftsausschusses, mit dem das Gesetz als "nicht EU-rechtskonform" kritisiert werden sollte, fand keine Mehrheit. Um das Inkrafttreten der TKG-Reform nicht zu verzögern, widersetzten sich die Landesfürsten auch dem Begehr des Rechtsausschusses, wegen der 2003 ins TKG aufgenommenen Klausel zur Entschädigung von Telcos und Providern für ihre Hilfsleistungen bei staatlichen Überwachungsmaßnahmen den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Besonders umkämpft ist die Gesetzesänderung, weil sie "neue Märkte" für unbestimmte Zeit von der Regulierung freistellen will. Die damit einhergehenden Regulierungsferien für das VDSL-Netz der Deutschen Telekom werden von Wettbewerbern und Oppositionspolitikern als Signal zur erneuten Monopolisierung des Telekommunikationssektors scharf kritisiert. Auch die EU-Kommission hat wiederholt angekündigt, bei Inkrafttreten des Gesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung anzustrengen. Der Ende vergangene Woche aufgeloderte Widerstand von Ländern wie Hamburg oder Niedersachsen gegen die Bestimmung erlosch im Vorfeld der Abstimmung wieder. Auch die Bedenken der Wirtschaftspolitiker, die zumindest in einem Zusatzprotokoll dokumentiert werden sollten, bügelten die Länderchefs weg.
Der Wirtschaftsausschuss hatte moniert, dass die gesetzlichen Vorgaben einzelne Regulierungsziele vorzögen und der Kriterienkatalog zur Definition neuer Märkte zu schwammig sei. Er beklagte ferner, dass es Eingriffsmöglichkeiten für den Regulierer erst bei langfristigerer Wettbewerbsbehinderungen geben soll. Damit würde die angestrebte Klausel die "ordnungspolitische Zweckbestimmung des EU-Rechtsrahmens" und die darin getroffenen Befugnisse der Bundesnetzagentur zur Marktanalyse konterkarieren. Darüber hielten die Wirtschaftspolitiker auch eine "effiziente Ausgestaltung der nachträglichen Entgeltregulierung und der besonderen Missbrauchsaufsicht" für "dringend notwendig".
Ohne jegliche Einwände hat der Bundesrat zudem die neuen, vom Bundestag mit schwarz-roter Mehrheit Anfang Dezember beschlossenen Anti-Terrorgesetze abgenickt. Es geht dabei zum einen um die Befugnis für das Bundeskriminalamt, von Januar an eine zentrale Anti-Terrordatei einzurichten und dabei vorhandene Datenbestände von Polizeien und Geheimdiensten zusammenzuführen. In Kraft treten kann zudem das volksnah betitelte Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG), das die den Geheimdiensten nach dem 11. September gegebenen erweiterten Befugnisse verlängert und erneut ausdehnt.
Neben dem Verfassungsschutz können so künftig auch Bundesnachrichtendienst (BND) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) Auskünfte bei Luftfahrtunternehmen, Banken, Post-, Telekommunikations- und Telediensteunternehmen einholen. Dies gilt nicht mehr nur bei Terrorverdacht, sondern auch im Rahmen der Aufklärung "verfassungsfeindlicher Bestrebungen" im Inland. Entsprechend ausgedehnt wird die Ermächtigung zum Einsatz des IMSI-Catchers für die Mobilfunküberwachung. Verdeckt fahnden dürfen Sicherheitsbehörden ferner im Schengener Informationssystem. (Stefan Krempl) / (jk)