Bundesregierung will bis zu drei Jahre Haft für illegale Filesharer
Auf Drängen von Kabinettskollegen und der Unterhaltungsindustrie hat Bundesjustizministerin Zypries die geplante P2P-Bagatellklausel aus dem Regierungsentwurf für die Urheberrechtsnovelle gestrichen.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat auf Drängen von Kabinettskollegen und der Unterhaltungsindustrie die geplante P2P-Bagatellklausel aus dem Regierungsentwurf für die Urheberrechtsnovelle gestrichen. Dies erfuhr heise online vor dem heutigen Kabinettsbeschluss aus Regierungskreisen. Mit dem Paragraphen wollte Zypries eigentlich die "Kriminalisierung von Schulhöfen" verhindern. Film- und Musikindustrie hatten die Passage dagegen frühzeitig als "Raubkopier-Klausel" gebrandmarkt und einen Lobbysturm entfacht.
Im Januar hatte sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann hinter die Interessen der großen Inhalteproduzenten und Rechteverwerter gestellt und mit seiner Kabinettskollegin angelegt. Aber auch im Bundestag konnte sich bei der Beratung eines FDP-Antrags gegen die Bagatellklausel außer den Grünen keine Fraktion für das vorgesehene Pardon für erstmalig auffällig werdende private Filesharer erwärmen.
Zur Eindämmung der Selbstbedienung der Surfer in P2P-Netzwerken sieht der Kabinettsentwurf für die zweite Reformstufe des Urheberrechts allgemein vor, Downloads "rechtswidrig hergestellter und öffentlich zugänglich gemachter Vorlagen" aus dem Internet als Straftat zu behandeln. Es drohen für Rechtsbrecher, die im nicht-gewerblichen Umfeld handeln, Haftstrafen bis zu drei Jahren. Zypries hatte zunächst auch in der leicht überarbeiteten Vorlage für einen Kabinettsbeschluss Anfang Januar noch die Klausel beibehalten wollen, dass "in geringer Zahl" für den privaten Gebrauch erstellte Kopien straffrei bleiben sollen. Diese Passage sollte nach einer überraschenden Erweiterung im vergangenen Jahr auch für die Versorgung des "persönlich verbundenen" Bekanntenkreises sowie "Bearbeitungen oder Umgestaltungen von Werken", also etwa die viel zitierten Schulhöfe, gelten. Dieses Überbleibsel aus der rot-grünen Regierungszeit fiel nun insbesondere heftigen Protesten aus der CDU zum Opfer. Dort heißt es zur Begründung, dass man ja auch nicht den Diebstahl eines Pfennigartikels im Supermarkt straffrei stelle und das geistige Eigentum genauso zu schützen sei wie physische Güter.
Die Bundesregierung sagt dem illegalen Treiben in Tauschbörsen mit dem Regierungsentwurf zum so genannten 2. Korb des Urheberrechts nun entschlossen den Kampf an. Das Aus für die Bagatellklausel soll zudem ergänzt werden durch die Einführung eines zivilrechtlichen Auskunftanspruchs gegenüber Internet-Providern. Diese müssten dann die Identität von Verdächtigen etwa anhand aufgezeichneter IP-Adressen gegenüber Rechtehaltern preisgeben. Für das ausreichende Datenmaterial zur Rückverfolgung der Surferspuren soll die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten sorgen. In strafrechtlichen Verfahren bliebe es bei der Bestätigung des Falls der Bagatellklausel durch den Bundestag künftig nur noch den Staatsanwaltschaften überlassen, Verfahren gegen Tauschbörsen-Nutzer noch wegen Geringfügigkeit einzustellen. Diese sehen sich selbst aber bereits mit Anzeigen gegen Filesharer überschüttet und nach eigenen Angaben weitgehend lahm gelegt.
Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):
(Stefan Krempl) / (jk)