Bundesregierung will die E-Justiz beflügeln

Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, mit dem es das Rechtswesen für das digitale Zeitalter fit machen möchte. Er enthält Regeln etwa zum rechtssicheren Scannen und zu Eingaben via De-Mail.

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Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf (PDF-Datei) verabschiedet, mit dem es die Justiz für das digitale Zeitalter fit machen möchte. "Der elektronische Zugang zum Recht soll für alle Bürger deutlich und nachhaltig erleichtert werden", erklärte die federführende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Geplant sei, den gerichtlichen Ein- und Ausgang von Post möglichst weit auf internetbasierte Kommunikationswege umzustellen.

Bereits vor zwölf Jahren hatte die damalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) einen breiten Vorstoß für die E-Justiz angekündigt. Viel bewirkt hat sie damit nicht. Die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten sei in Deutschland "hinter den Erwartungen zurückgeblieben", räumt das Justizressort ein. Die Kommunikation erfolge nach wie vor fast ausschließlich auf Papier. Als Hauptgrund dafür hat das Ministerium die "mangelnde Akzeptanz" der qualifizierten elektronischen Signatur ausgemacht, die für die formgerechte Einreichung von Schriftsätzen nötig sei. Ferner seien die technischen Voraussetzungen bei vielen hiesigen Gerichten noch gar nicht gegeben.

Die Bundesregierung setzt ihre Hoffnungen nun unter anderem in die De-Mail. Mit dem seit diesem Jahr angebotenen Kommunikationsdienst, der unter andern eine Authentifizierung von Benutzerkonten vorschreibe, stehe nun ein weiterer, für die E-Justiz nutzbarer Übermittlungsweg zur Verfügung, heißt es in Berlin. Bei einer entsprechenden, vom Provider qualifiziert elektronisch signierten Absenderbestätigung sei die von dem De-Mail-System gewährleistete Authentizität und Integrität ausreichend, "um von einem Anschein für die Echtheit" einer so abgegebenen Erklärung auszugehen.

Diese "Erhöhung des Beweiswertes" wird laut Justizressort mit dem auf den Weg gebrachten Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs durch eine Ergänzung der einschlägigen Regeln in der Zivilprozessordnung umgesetzt. Die Bundesrechtsanwaltskammer werde ferner bis 2016 elektronische Anwaltspostfächer einrichten, die auf der Grundlage eines sicheren Verzeichnisdienstes ein hohes Authentifizierungsniveau erreichten. So soll das Zustellen von Urteilen, Beschlüssen, Schriftsätzen und Ladungen vereinfacht werden, wobei von einem Empfang nach drei Werktagen ausgegangen wird. Generell will das Kabinett über die Anpassung weiterer Verfahrensordnungen eine "anwenderfreundliche Kommunikation per De-Mail oder aus dem elektronischen Anwaltspostfach über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP)" ermöglichen.

Um die Bestimmung technikneutral zu halten, soll die Regierung per Verordnung weitere sichere elektronische Übertragungswege zulassen können. Auch die zulässigen Formate für E-Dokumente werden festgelegt. Eine an diesem Punkt fehlerhafte Einsendung soll aber sofort nicht zum Ablauf vorgegebener Fristen führen. Die Mahngerichte will die Initiative ebenfalls weiter auf die elektronische Kommunikation einstellen. Mahnanträge oder Aufforderungen zum Erlass von Vollstreckungsbescheiden sollen durch die elektronische Identifizierungsfunktion des neuen Personalausweises signiert werden können.

Der Entwurf sieht zudem Vorgaben für "rechtssicheres Scannen" vor. Bislang haben entsprechende digitale Dateien nicht den Beweiswert von Papiervorlagen. Künftig sollen "Scannprodukte" öffentlicher Urkunden mithilfe einer neuer Vorschrift sogar eine höhere Beweiskraft erhalten als die Originale, wenn sie von einer Behörde oder einem Notar digitalisiert und dabei die notwendigen Sicherheitsstandards eingehalten werden. Hintergrund ist, dass die Regierung in der elektronischen Archivierung große Vorteile sieht.

Zum Vereinfachen der Verfahrensabläufe für Rechtsanwälte und Justiz schwebt dem Kabinett vor, ein zentrales länderübergreifendes "Schutzschriftenregister" einzurichten. Darin sollen Gerichten vorbeugende Verteidigungsschriftsätze gegen einen erwarteten Antrag auf Arrest oder eine einstweilige Verfügung verfügbar gemacht werden. Um Menschen mit Behinderungen nicht auszuschließen, setzt der Entwurf auf einen barrierefreien elektronischen Zugang. In Kraft treten sollen die skizzierten Maßnahmen schrittweise: Die Vorschriften zum Scannen am Tag nach der Gesetzesverkündung und die zur Beweiskraft von De-Mail-Nachrichten Mitte 2014. Der volle elektronische Rechtsweg wird planmäßig 2018 eröffnet, einzelnen Bundesländern soll Zeit bleiben bis 2022. (jk)