Bundestag streitet über Datenschutz in sozialen Netzwerken
Die Grünen wollen virtuelle Gemeinschaften strenger regulieren, doch die Koalitionsfraktionen und die FDP halten nichts von einer "Lex StudiVZ" zur Befriedung des "Dschungels Internet".
Die Grünen brachen am gestrigen Donnerstag im Bundestag einen Lanze für ihr Vorhaben (PDF-Datei), die Privatsphäre in sozialen Netzwerken besser zu schützen und deren Betreiber stärker in die Pflicht zu nehmen. "Die Anbieter sollen persönliche Daten nur verwenden oder mit ihnen handeln können, wenn die Nutzer dem vorher ausdrücklich zugestimmt haben", machte sich die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Grietje Staffelt, für eine Opt-in-Regelung zu personalisierter Werbung stark. Um mehr Transparenz zu schaffen, plädierte sie zudem für eine Vorschrift, "jede Datenverwendung und -weitergabe zu protokollieren". Nutzer sollten auf Wunsch nachvollziehen können, was mit ihren persönlichen Angaben geschehe. Nötig sei es auch, dass Communities hierzulande "einheitliche Mindeststandards" in Datenschutzfragen gewährleisten und auf Mobbing oder Identitätsmissbrauch zügig reagieren.
Volle Unterstützung für den Antrag erhielten die Grünen nur von den Linken. Deren Medienexperte Lothar Bisky plädierte laut den zu Protokoll gegebenen Redebeiträgen dafür, "einen vorbildlichen Datenschutzstandard für die digitale Welt zu schaffen". Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, hielt es dagegen nicht für sinnvoll, eine gesonderte "Lex StudiVZ" zu machen. Erforderlich seien generelle Regeln über ein grundsätzlich modernisiertes Datenschutzrecht, die dann natürlich auch für soziale Netzwerke gelten würden. Den Nutzern müsse aber auch klar sein, dass sie freiwillig ihre Privatsphäre aufgeben, wenn sie etwa ihr gesamtes Liebesleben auf MySpace preisgeben oder Videos von sich selbst im "stockbesoffenen" Zustand auf YouTube stellen. Anbieter hätten die Grundeinstellungen so vorzunehmen, dass nicht jedem alle Profilinformationen offenstünden.
Vertreter der Union und der SPD sahen den größten Teil der Forderung bereits mit dem laufenden Vorhaben zur Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes abgedeckt. "Keine neuen Erkenntnisse" für diese Initiative konnte der SPD-Innenpolitiker Michael Bürsch in dem Anliegen der Grünen ausmachen. Der Verbraucherschutzexperte der Sozialdemokraten, Manfred Zöllmer, drängte auf ein "digitales Verfallsdatum für Daten" und die Möglichkeit, Profile "rückhaltlos" löschen zu können. Die CDU-Innenpolitikerin Beatrix Philipp von der CDU warnte davor, "in die Privatautonomie potenzieller Vertragspartner einzugreifen", auch wenn der Bereich sozialer Netzwerke "unserer besonderer Aufmerksamkeit" bedürfe. Ihre Parteikollegin Rita Pawelski plädierte für Ehrlichkeit: "Schärfere Vorschriften werden aus dem Dschungel Internet keinen friedvollen Kulturwald machen." Die Internetnutzung werde ein "ständiger, eigenverantwortlicher Balanceakt zwischen der Faszination des Möglichen und dem Beherrschen der Risiken bleiben". (Stefan Krempl) / (vbr)