Bundestagsausschuss für Netzpolitik droht erneut das Aus

Die Union zeigt wenig Begeisterung für eine Wiedereinsetzung des Unterausschusses Neue Medien, während die IT-Branche Druck macht.

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Im Bundestag ist erneut ein Streit über die Wiedereinsetzung des Unterausschusses Neue Medien entbrannt. Insbesondere die Union zeigt wenig Interesse daran, das Gremium für die eingehende Beratung netzpolitischer Themen wie E-Demokratie, Urheberrecht, Internet-Überwachung oder Telekommunikationsregulierung noch einmal zu installieren. "Wir betrachten die bisherige Arbeit des Unterausschusses nicht für sonderlich erfolgreich und werden nicht für ihn kämpfen", heißt es bei der CDU-Fraktion. Hans-Joachim Otto, künftiger Vorsitzender des übergeordneten Ausschusses für Kultur und Medien, hält den Ableger dagegen für unersetzlich im Zeitalter der Medienkonvergenz. "Der 2. Korb der Urheberrechtsnovelle steht genauso ins Haus wie eine weitere Reform des Telekommunikationsgesetzes oder eine Neuregelung des Jugendmedienschutz", betonte der FDP-Politiker. Die Idee für den Unterausschuss "müsste daher erfunden werde, wenn es sie nicht schon gäbe".

Ohne die einstimmige Unterstützung der Obleute der anderen Fraktion im Kultur- und Medienausschuss sieht Otto jedoch wenig Chancen für die erneute Einberufung des netzpolitischen Forums. "Es gibt einige Widerstände und Debatten", verweist er auf die abwehrende Haltung der Union. Tatsächlich sei die Arbeit des Unterausschusses "auf jeden Fall noch zu verbessern", kann er die Kritik an der mangelnden Relevanz des kleinen Kreises der Fachpolitiker verstehen. Die Mängel der Vergangenheit dürften aber nicht dazu führen, das Gremium in Frage zu stellen. Allgemein gelte es, den Stellenwert von Medien und Kultur im parlamentarischen Betrieb zu heben. Die sich in diesem Bereich engagierenden Politiker gälten noch zu sehr als "Orchideen", die höchstens gern mal "über den Roten Teppich" laufen. Dass im Bereich Medien, Internet und Telekommunikation viele Arbeitsplätze geschaffen würden, gerate da leicht aus dem Blickfeld.

Druck auf einen engagierten Neuanfang beim Unterausschuss machen auch Vertreter aus Wirtschaft und Forschung: "Die von der Koalition sich selbst verordnete 'Innovationspolitik aus einem Guss' wird nur gelingen, wenn es ein zentrales Forum gibt, in dem Ideen und Initiativen gebündelt werden können", betont Thomas Mosch, Geschäftsleiter Politik und Recht beim Branchenverband Bitkom. Wenn der Bundestag dieses Gremium schließe, mache er damit "in verheerender Weise deutlich, wie unwichtig ihm die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine der wenigen echten Wachstumsbranchen sind". Der Unterausschuss sollte daher "deutlich gestärkt" werden. Alexander Scheuer, Geschäftsführer des Saarbrücker Instituts für Europäisches Medienrecht, pocht in einem Schreiben an Bundestagsmitglieder ebenfalls vehement für eine Wiederaufnahme der Ausschussarbeit. Daran führe angesichts der "massiven und fortschreitenden Veränderungen im IT-, Telekommunikations- und Mediensektor, die insbesondere durch Digitalisierung, Konvergenz und weltweite Vernetzung verursacht sind und denen großer Einfluss auf die Potenziale der Informationsgesellschaft und Wirtschaft in Deutschland zukommt", kein Weg vorbei.

Während sich die Union noch sträubt, wollen SPD und Grüne Otto bei seinem Plan zum Neustart unterstützen. "Als Querschnittsausschuss hat sich das Forum bewährt", konstatiert der Medienexperte der SPD-Fraktion, Jörg Tauss. Seine Kollegin von den Grünen, Grietje Bettin, hält eine weitere Auflage des Gremiums ebenfalls für "sehr sinnvoll" für die "Netzszene", da in anderen Foren technische Details der Regulierung der neuen Medien nicht geklärt werden könnten. Das konkrete weitere Vorgehen wollen die Fachpolitiker nach der Einsetzung des Hauptausschusses am kommenden Mittwoch in der darauf folgenden Sitzungswoche Mitte Dezember beschließen. (Stefan Krempl) / (jk)