Bundeswirtschaftsminister: Urheberrechtsreform beflügelt legale Musik-Downloads [Update]

Wolfgang Clement sieht zur Eröffnung der Musikmesse Popkomm die Stärkung der Rechteinhaber als entscheidenden Faktor für die rosigeren Töne der Musikindustrie, während die Phonoverbände schärfere Maßnahmen gegen Raubkopierer fordern.

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Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat die von Rot-Grün durchgeführte erste Reformstufe des Urheberrechtsgesetzes als einen der Gründe für die gegenwärtigen Lichtblicke für die Musikindustrie bezeichnet. "Legale Downloads haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt", freute sich der SPD-Politiker bei der Eröffnung der Musikmesse Popkomm in Berlin. "Das zeigt, dass das neue Urheberrecht zu wirken beginnt." Mit der Novelle habe man vor allem die Rechte der Urheber gestärkt, betonte Clement. Diese könnten über ihre Werke und ihre Verbreitung in Online-Medien nun besser verfügen. Für die Industrie habe die Politik zudem Möglichkeiten geschaffen, ihre Vertriebswege zu schützen. "Wir haben den Kopierschutz gesichert", erklärte der Minister. Update: Weiter sagte er wörtlich: "Die Nachfrage hier in Deutschland nach legalen Downloads steigt spürbar, auch weil wir die Brenn-Software, die Kopierschutzsysteme überwindet, verboten haben".

Pauschal untersagt das Urheberrechtsgesetz das Brennen von Medienträgern allerdings nicht, was Clement noch erwähnte. "Auch Käufer müssen Spielräume haben, mit legal erworbenen Produkten so zu verfahren, wie sie sich das wünschen." Die Verbraucher müssten sich ihre Songs etwa auf MP3-Player überspielen und auf CD brennen können. "Daher haben wir die Privatkopie nicht gänzlich verboten", sagte Clement. Kopierschutztechnologien gehen allerdings vor: Versieht ein Rechteinhaber damit seine Werke, darf diese ein Nutzer nicht umgehen.

Gleichzeitig verteidigte der Wirtschaftsminister den Entwurf aus dem Bundesjustizministerium für den so genannten 2. Korb der Urheberrechtsreform, der allerdings in der auslaufenden Legislaturperiode vom Kabinett nicht mehr beschlossen wurde. "Die Bagatellgrenze muss bleiben", sprach sich Clement für den von der Wirtschaft als "Raubkopierer-Klausel" umstrittenen Paragraphen in dem Gesetzesvorschlag aus. "Wir können nicht die Kriminalisierung vieler wollen", zeichnete Clement die Alternative auf. Zudem müsse Digital Rights Management (DRM) erst einwandfrei funktionieren, bevor man die Privatkopie ganz streichen könne. Der Wirtschaftsminister kündigte ferner an, dass ein Referentenentwurf für die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Durchsetzung der geistigen Eigentumsrechte "in Kürze vorgelegt werden soll". Hier seien einerseits die Interessen der Content-Industrie an einem Auskunftsanspruch gegenüber Providern zu berücksichtigen. Andererseits müssten die Diensteanbieter aber auch von unmäßigen Verpflichtungen frei gehalten werden.

Laut Gerd Gebhardt, dem Chef der deutschen Phonoverbände (IFPI), ist es dagegen nicht schade darum, dass der vorgelegte Gesetzesentwurf zum 2. Korb der Novelle der vorgezogenen Neuwahl zum Opfer gefallen ist. Denn dieser habe "die für die Tonträgerwirtschaft wichtigsten Themen" nicht berücksichtigt: "massenhaftes privates Vervielfältigen" -- wobei der Musikindustrie vor allem Aufnahmen aus Internetradio-Programmen ein Dorn im Augen sind -- "intelligente Kopiersoftware" und "Internetpirateriebekämpfung" seien zu kurz gekommen. Zudem plädiert Gebhardt für eine Verlängerung der Schutzfristen, obwohl diese hierzulande bereits bis 70 Jahre nach Tod des Urhebers reichen.

Dass nicht immer nur eine Verschärfung des Urheberrechts zu wirtschaftlichem Erfolg führen kann, kann Clement zumindest nachvollziehen. So zeigte er sich besonders erfreut über "das Wachstum und die Vielfalt", die bei den Indie-Labels entstanden sei. Diese verzichten jedoch häufig bewusst auf DRM. Generell ist der Wirtschaftsminister der Ansicht, dass "die digitale Revolution ihre Kinder entlässt". Dies seien vor allem kleine Label und Künstler, "die selbst produzieren und vermarkten" sowie "mündige Mediennutzer, die Content sehr viel selbstständiger nutzen wollen." Dass die Tonträgerhersteller seit Jahren erstmals nicht mehr nur "Molltöne" von sich gäben, sei entscheidend getragen von jungen, mittelständischen Unternehmen. Diese würden sich auch oft stärker als große Labels um Export bemühen und dank des Internet selbst als "Global Player" auftreten. (Stefan Krempl) / (anw)