"But where is everybody?" - Lösungsvorschläge zum Fermi-Paradoxon

First Contact

Warum ist es noch nicht zu einem wissenschaftlich beweisbaren Erstkontakt mit einer außerirdischen Zivilisation gekommen? Dieser Frage nimmt sich eine Artikelserie in diesem Blog an

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Irdische Einfaltspinsel

Der englische Astrophysiker John Silk, fraglos ein Grandseigneur der Astronomie, hat einmal geschrieben, dass eine hochentwickelte Zivilisation, welche die Galaxis zu besiedeln vermag, mit Sicherheit auch in der Lage sei, "sich vor allen irdischen Einfaltspinseln zu verstecken".

Wem dem so wäre, müssten sich die um einen Erstkontakt so bemühten SETI-Forscher für die nächsten Jahrhunderte oder Jahrtausende in Geduld üben und weiterhin einen langen Atem mitbringen. Um ihre Chancen auf Erfolg zu wahren, müssten sie eine Intelligenz finden, die zumindest eine technische und wissenschaftliche Entwicklungsstufe erreicht hat, die vergleichbar mit der Unsrigen ist – oder die uns nur allenfalls um einige Jahrhunderte voraus ist.

Very Large Array im Morgengrauen. Bild: NRAO/AUI

Den SETI-Radioastronomen oder den nach künstlichen Laserblitzen fahndenden Optical-SETI-Astronomen bliebe nur die Hoffnung, dass die Extraterrestren überhaupt an einem interstellaren Dialog mit unserer Wenigkeit interessiert sind. Im günstigsten Fall würden sie selbst fleißig senden und jedes vielversprechende Sternsystem mit einer informationsreichen Flaschenpost beglücken. Im schlimmsten Fall jedoch könnten sie andere Zivilisationen mit einer kosmischen Büchse der Pandora schocken.

Fermi-Paradoxon etwas älter

Ungeachtet der möglichen Szenarien und guten respektive bösen Absichten außerirdischer Kulturen stellt sich schon seit langem die Frage, wo außerirdische Intelligenzen im Universum ihre Nischen gefunden, warum diese sich noch nicht gemeldet, weshalb sie an unserer planetaren Haustür noch nicht angeklopft haben.

Einer der Ersten, der diese überirdische Frage explizit aufwarf, war ein Großer seines Faches, dessen Name mit der Geschichte der russischen Raumfahrt untrennbar verknüpft ist: Konstantin E. Ciolkovskij (1857-1935). Er setzte sich bereits Anfang der 1920er-Jahre mit der Frage auseinander, ob hochbetagte außerirdische Kulturen existieren, die uns in puncto Technik um Millionen von Jahren voraus sind. Wenn es sie gäbe, spekulierte Ciolkovskij, mussten sie ähnlich expansiv sein wie wir und zwischenzeitlich in Erdnähe oder sogar auf unserem Planeten Kolonien errichtet haben. Letzten Endes würden diese aber den Kontakt mit uns meiden. Infolge ihrer Reife und Weisheit würden sie nur mit Zivilisationen kommunizieren, die eine höhere Entwicklungsstufe erreicht haben als der Mensch, vermutete Ciolkovskij.

Um unsere Kultur nicht zu überfordern und uns vor unserem eigenen Untergang zu schützen, würden sie uns erst dann die Aufwartung machen und den Erstkontakt wagen, wenn wir weiter fortgeschritten sind. Star Trek lässt grüßen!

Kulinarische Ergüsse

Erst im Sommer 1950 griff der italienische Kernphysiker und Physik-Nobelpreisträger von 1938, Enrico Fermi, die Spekulation des Russen erneut auf. Es ist eine, mit der Fermi den Grundstein für das nach ihm benannte Paradoxon legte, das heute in der SETI-Szene und exobiologischen Diskussion Kultstatus genießt.

Was Fermi vor 64 Jahren während eines Dinners in einer Kantine des "Los Alamos National Laboratoy" in New Mexico (USA) in dem damals nationalen Kernforschungszentrum in Gegenwart des bekannten und fragwürdigen ungarisch-amerikanischen Physikers, Edward Teller und zwei anderen Wissenschaftlern zum Besten gab, war auch dem vielbeschworenen Zeitgeist geschuldet. Denn als sich das Forscher-Quartett den kulinarischen Genüssen hingab und über diverse Themen parlierte, kam die Runde auch auf die Möglichkeit interstellarer Reisen und auf das Phänomen der Fliegenden Untertassen zu sprechen, die seit 1947 durch die Medien geisterten und hin und wieder die Schlagzeilen beherrschten. Inmitten der leidenschaftlich geführten Diskussion überraschte Fermi die anwesenden Physiker plötzlich mit der Frage: "But where is everybody?“

Fermi stellte hierbei folgende Überlegung an: Sollten erdnahe oder ferne intelligente Zivilisationen ihre Nischen in diesem gewaltigen Universum gefunden haben, müssten unter ihnen viele ältere Kulturen sein, die womöglich schon vor Jahrmillionen vor dem Erscheinen der Menschheit eine interstellare Raumfahrt etabliert haben. Fermi vertiefte diesen Aspekt als Einziger und sinnierte gleichzeitig darüber, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit von intelligentem Leben und der Existenz erdähnlicher Welten im Universum sein könnte. Welche Bedingungen seien erforderlich, damit sich hochentwickelte Zivilisationen im All ausbilden konnten? Wie lange müssten diese leben und überleben, um den Sprung zu den Sternen zu bewerkstelligen?

Wir sind die Einzigen!

Auf der Basis seiner Kalkulationen folgerte Fermi, dass intelligente Lebensformen im All, sofern vorhanden, uns in der Vergangenheit längst besucht haben müssten, weil es gemäß der Wahrscheinlichkeitsrechnung genug Zivilisationen geben muss, die älter sind als die unsere. Etliche davon müssten uns um Jahrtausende oder Jahrmillionen voraus sein und folglich unsere Galaxis entweder langst kolonisiert oder zumindest der Erde seit geraumer Zeit mehrfach besucht haben.

Da aber noch keine extraterrestrische Zivilisation die Erde beehrt oder okkupiert oder wenigstens zeitweise besucht hat und da wir von ihnen nichts sehen oder hören, gibt es sie auch nicht. Der Homo sapiens ist die einzige Lebensform in den Tiefen des Alls! So weit Fermis Postulat.

Doch da Fermi seine These nur während des Kantinengesprächs formuliert und diese nicht aufgezeichnet hatte und sie bis zu seinem Tod weder in einem Artikel, Fachaufsatz oder Buch nochmals explizierte, gingen seine Ausführungen vorerst im Strom der Zeit unter.

Lösungsvorschläge für paradoxes Paradoxon

Erst als der amerikanische Astrophysiker Carl Sagan (1934–1996) von der Cornell University in Ithaca, New York (USA), Fermis Zitat 1966 in seinem Buch „Intelligent Life in the Universe“ erstmals einer größeren Leserschaft vorstellte, gewann das Fermi-Paradoxon peu à peu an Popularität.

Derart an Popularität, dass auch in diesem Blog das vermeintliche Paradoxon im Rahmen einer Artikelserie näher unter die Lupe genommen werden soll. Hierbei sollen einige Lösungsvorschläge näher vorgestellt werden, die wenigstens eine theoretische Erklärung dafür liefern, warum und weshalb wir von unseren Brüdern und Schwestern im All bislang noch nichts gehört haben.

Denn noch hat keine außerirdische Intelligenz uns den kosmischen Hof gemacht und die Erde offiziell mit einer Stippvisite beehrt. Noch ist kein eindeutiges Licht- oder Radiosignal als interplanetare Flaschenpost bei uns eingetroffen, noch haben wir kein außerirdisches Artefakt auf der Erde, auf dem Mond oder im Sonnensystem gefunden. Und solange dies der Fall ist, bleibt die Wo-sind-sie-denn-alle-Frage legitim und aktuell. Es ist zudem eine spannende Frage, über die man trefflich streiten, philosophieren und diskutieren kann -… auch in den diversen Internet-Foren des Cyberspace oder auf den anderen Welten im realen Space da draußen …...

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