CCC-Sprecher warnt vor "digitalem Imperialismus"

Andy Müller-Maguhn meint, das US-amerikanische Urheberrecht bedrohe die Freiheit im Internet mehr als die Zensur der chinesischen Regierung.

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Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club (CCC) meint, das US-amerikanische Urheberrecht bedrohe die Freiheit im Internet mehr als die Zensur der chinesischen Regierung. In einem Interview mit tagesschau.de sagte er: "Die chinesische Regierung versucht, Informationen, die ihr nicht gefallen zu unterdrücken. In den USA geht die Möglichkeit, seine Meinung im Netz zu äußern, zwar sehr weit, allerdings ist unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung die Transparenz im Internet dramatisch eingeschränkt worden."

Der US-amerikanische Urheberrecht-Schutz sei alles andere als liberal, so Müller-Maguhn weiter. Die Verfügbarkeit von Daten werde eingeschränkt, indem genau geregelt sei, wer auf welche Daten zugreifen kann und wer nicht. Das sei eine viel größere Bedrohung für das Internet als "nationale Empfindlichkeiten politischer Natur, wie zum Beispiel in China".

Die Forderung der Entwicklungsländer auf dem UN-Weltgipfel für die Informationsgesellschaft nach Einrichtung eines Fonds für Informationstechnologien, in den die Industrieländer einzahlen sollen, findet Müller-Maguhn begrüßenswert. Allerdings führten viele westliche Unternehmen unter dem Vorwand, die digitale Kluft beseitigen zu wollen, Maßnahmen durch, die er als digitalen Imperialismus bezeichnet. "Die Anwendung des amerikanischen Markenrechts oder die Verwaltung der Domains durch ICANN bedeuten, dass westliche beziehungsweise US-amerikanische Standards durchgesetzt werden." Die Entwicklungsländer würden an das von US-Amerikanern und westlichen Unternehmen dominierte Wirtschaftsgeschehen im Netz angeschlossen.

Zum ersten Informationsgesellschaftsgipfel der UNO äußert sich Müller-Maguhn skeptisch. Es sei alles vorher abgestimmt worden, "damit ja keiner eine gute Idee äußert und jemand anders sie auch noch unterstützt. Wenn man das Ganze als Forum zum Meinungsaustausch betrachtet, ist es sicherlich gut. Ich habe aber keine Erwartungen, dass etwas beschlossen wird, was die Dinge verbessert." (anw)