CES: Bill Gates' große Las-Vegas-Show

Trotz aller Anstrengungen konnte Bill Gates bei seiner Voreröffnungs-Rede zur CES kaum darüber hinwegtäuschen, dass es Microsoft derzeit etwas an Neuheiten mangelt.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Nico Jurran

Gäbe es einen Preis für die witzigste CES-Rede, dürfte sich Bill Gates einer Nominierung sicher sein. Immerhin brachte er bei seiner Voreröffnungsrede am Mittwochabend (Ortszeit Las Vegas) schon nach einigen Minuten das Publikum zum Lachen, als er seine Vorsätze für das neue Jahr aufzählte. Schließlich beabsichtigt er demnach unter anderem, die Macher der TV-Produktion Pirates Of Silicon Valley, die sich um die Geschichte von Microsoft und Apple dreht, um eine Fortsetzung anzuflehen; außerdem will Gates nun endlich seinen Harvard-Abschluss nachholen.

Damit nicht genug, präsentierte Microsofts Vorsitzender und Chief Software Architect wenig später -- mit Anspielung auf "VH1 -- Behind The Music" -- die überaus gelungene Fake-Reportage "MS1 -- Behind The Technology" über die Geschichte des PC und des Internet. Darin schwärmen unter anderem Geeks über den angeblich besten Computer aller Zeiten, den Altair 8800, präsentiert Sean "Puff" Combs sein Album "DOS forever" und erklärt Netscape-Mitbegründer Marc Andreessen grinsend, dass die PC-User mit seinem Browser erstmals "Kunst" betrachten konnten. Selbst der ehemalige US-Präsidenten Bill Clinton zählt munter auf, wie zu Beginn seiner Amtszeit an jedem Tag eine neue Webseite entstand -- außer sonntags. Natürlich durfte dabei auch der Auftritt von Steve Ballmer nicht fehlen, der dieses Mal als Verkäufer einer TV-Verkaufsshow vergeblich versuchte, das Programm "MS Bob" an den Mann zu bringen. Nach Seitenhieben auf Apple (der Altair 8800 verwandelte sich in einen iMac), mangelte es Gates auch nicht an Selbstkritik: Er erklärte, dass er sofort erkannt habe, wohin man mit dem Internet komme -- nachdem alle anderen schon da waren.

All dies konnte schließlich allerdings kaum darüber hinwegtäuschen, dass Microsoft im Vergleich zu den Vorjahren nur recht wenige Neuheiten präsentierte. Dazu zählten Uhren mit bereits auf der Comdex gezeigter SPOT-Technik (Smart Personal Object Technology) -- und vor allem ein in Kürze in den USA erscheinender DVD-Player von Polaroid, der erstmals auch die Wiedergabe von Windows Media Video unterstützt. Dazu kam eine portabler Video-Player mit integrierter 20-GByte-Festplatte zur Wiedergabe vom WMV-Files (siehe Bild: ein Microsoft-Mitarbeiter führt den Player vor). Nach Angaben von Microsoft wollen einige Firmen, darunter Sanyo, das Media2Go genannte Gerät produzieren. Schließlich kündigte Microsoft eine Laptop-Version des Media Center PC an, die Toshiba entwickelt hat.

Ansonsten lobten Gates und seine Mitstreiter vor allem den großen Erfolg der Microsoft-Entwicklungen wie den Smart Displays. Dieser auf der Mira-Architektur von Microsoft basierende Webpad-ähnliche, drahtlose Monitor soll künftig auch von Samsung, HP und Benq zu bekommen sein.

Gates feierte ebenfalls den Erfolg von Xbox Live, hatte aber auch hier nur zu berichten, dass die Fans des Online-Dienstes sich unter anderem auf die Titel Halo 2 und Castle Wolfenstein freuen dürften. Vielleicht war Microsoft im Vorfeld der Rede selbst aufgefallen, dass diese Aussage allein ein wenig mager ist. So würzte man sie mit einer Einspielung, in der Gates in dem kommenden Xbox-Live-Spiel Midtown Madness 3 unter den Pseudonym Microboy gegen Basketball-Star Shaquille O'Neal verliert. Vielleicht darf man darunter zukünftig Infotainment verstehen. (nij)