CES: Michael Dell glaubt an den PC

Kein noch so großer oder flacher Fernseher wird PCs aus den Wohnzimmern verdrängen können, glaubt der Chef des PC-Weltmarktführers.

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Von
  • Erich Bonnert

Der Chef des PC-Weltmarktführers Dell nutzte einen Auftritt auf der Consumer Electronic Show in Las Vegas zu einer flinken Replik auf die These des Sony-Manns Kunitake Ando: Kein noch so großer oder flacher Fernseher wird PCs aus den Wohnzimmern verdrängen können. Mit etwas Geschick könnten TV-Bauer ihre Geräte aber wohl als Computerperipherie positionieren, meint Michael Dell.

Dell ließ sich bei seinem Auftritt nur allzu gern von der Elektronikbranche als Heilsbringer vereinnahmen. Verbandspräsident Gary Shapiro vom Veranstalter CEA pries bei seiner Einführung den Selfmade-Milliardär als "reichen und einflussreichen Mann", für den gar "der US-Präsident ein offenes Ohr" habe. Aber Dell will sich hüten, von einer durch ihre Einzelhandelsstrukturen geprägte Branche allzu eng umarmt zu werden. Berührungspunkte sieht der Boss des Computer-Direkthändlers nur dort, wo es notwendig ist.

In Dells Weltbild bleibt der PC die zentrale Instanz eines von ihm "Networked Digital Lifestyle" getauften Nutzungsszenariums. Verbindungen zwischen digitalen Plattformen gäbe es vor allem auf der Datenebene. Dell wird Drucker, Handhelds und Funknetz-Gateways nach dem Wifi-Standard anbieten. Von Flachfernsehern oder Stereo-Produkten, wie sie etwa der PC-Rivale Gateway mittlerweile baut, will Dell die Finger lassen.

Selbstzufrieden verwies Dell auf die einmalige Erfolgsbilanz des von ihm gegründeten PC-Direktversands. "Wir wurden von Konkurrenten und Wirtschaftsexperten schon häufiger totgesagt, aber zuletzt haben wir alle Wettbewerber überflügelt."

Der 35-Jährige glaubt nicht, dass interaktive und mit Internet-Diensten gekoppelte TV- oder Videogeräte nach dem Vorbild von Sony oder Tivo dem Computer als digitale Unterhaltungszentrale gefährlich werden können. Im Gegenteil: Es sei absehbar, dass die meisten PCs bald einen Personal Video Recorder (PVR) enthalten werden. Mit integriertem TV-Kabeltuner und einer PVR-Software komme die PC-Lösung den Käufer sogar wesentlich günstiger. Dieses Kalkül ist dabei symptomatisch für den zuletzt erdrutschartigen Erfolg seiner Company: "Es gibt zu viele unterschiedliche Kategorien mit ihren spezifischen Konstruktionen und Komponenten," erläuterte er. Mit seiner eng fokussierten auftragsbezogenen Logistik und Fertigung hingegen hat der Direktversender zuletzt in einem rigorosen Preiskampf fast alle Konkurrenten in die Verlustzone konkurriert.

Dell beantwortete einige Fragen aus dem Publikum, liess sich jedoch keine definitiven Aussagen entlocken, welche Sparten denn als nächstes den gnadenlosen Wettbewerb aus Texas fürchten müssten. Der PC-Fertiger sieht beispielsweise keinen Anlass, die Nachfrage nach Multimedia-Computern durch eigene Breitbanddienste anzukurbeln. "Wir werden mit Telcos, Kabelbetreibern oder auch WiFi- und Satellitenanbietern zusammen arbeiten," sagte Dell.

Allzu kritische Fragen an seinen Starredner wollte der Veranstalter allerdings nicht zulassen. Einem Vertreter der Umweltschutzgruppe Silicon Valley Toxics Alliance ließ CEA-Vorstand Shapiro das Wort entziehen. Der Mann verlangte eine Stellungnahme zu Dells angeblich umweltschädigenden Herstell- und Recyclingpraktiken. Dass der CEA solche Fragen unangenehm sind, wirft ein recht apartes Licht auf die eigens vor Dells Rede angekündigte Veranstaltung "Green Saturday" im weiteren Verlauf der Messe. Am Grünen Samstag sollen die laufenden Erfolge und weiteren Pläne der Branche im Elektronikrecycling präsentiert werden.

Immerhin umging Michael Dell die Peinlichkeit geschickt, indem er die Frage trotz Shapiros Einspruch ungerührt beantwortete. Seine Firma sei äußerst aktiv, um Käufern beim Recycling, dem Weiterverkauf oder der Spende von Altprodukten zu helfen. Der Hersteller arbeitet dabei nach Dells Angaben auch mit der US-Umweltbehörde Unicore zusammen. (Erich Bonnert) / (anw)