Canva-Deutschland-Chef: Deutsche sind nicht kreativ und lieben deshalb KI

Wie beeinflusst generative KI die Kreativität? Das sagt Alexander Brix von Canva Deutschland dazu.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 5 Kommentare lesen

(Bild: Canva)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Insa Schniedermeier
Inhaltsverzeichnis

"Kreativität wird künftig etwas anderes bedeuten", sagt Alexander Brix, der als Country Manager bei Canva für den deutschen Markt zuständig ist. Wir haben mit ihm über den Einfluss von generativer KI für die Kreativität gesprochen. Anlass war eine neu veröffentlichte Studie zum Thema.

Bevor er zu Canva kam, war Brix als COO Teil der Wiener KI-Schmiede Kaleido AI, die damals eine automatische Hintergrundentfernung für Fotos anbot. 2021 wurde das Unternehmen vom australischen Grafikdesignunternehmen Canva übernommen – und mit ihm auch Brix.

Canva beschäftigt sich schon länger mit Künstlicher Intelligenz. Im März 2023 brachte das Unternehmen seine "Magic"-Reihe auf den Markt, mit deren Tools Nutzer Fotos bearbeiten und neue Inhalte mit generativer KI erstellen können. In Deutschland seien diese KI-Tools sehr gut angenommen worden. [...] Interessanterweise reagieren die Deutschen viel stärker auf die KI-News und -Feature-Releases als in anderen Märkten", sagt Brix und hat auch sofort eine Erklärung parat: "Viele Deutsche lieben Effizienz. Gleichzeitig gelten sie als nicht sonderlich kreativ. KI kann hier die Lücken füllen."

Die künstliche Intelligenz helfe derzeit insbesondere dabei, von einer Idee zu einem Entwurf zu kommen. Die Idee käme dabei noch immer vom Menschen. Daher sieht Brix KI eher als Werkzeug, das die Kreativität fördert und nicht hemmt.

Seine Einschätzung bestätigt eine von Canva selbst in Auftrag gegeben Studie von Morning Consult, für die mehr als 4.000 internationale Marketing- und Kreativverantwortliche zu ihrer Haltung gegenüber generativer KI befragt wurden (davon 503 Deutsche). Danach geben 71 Prozent der Befragten an, dass generative KI die Kreativität ihres Teams steigert.

96 Prozent der Marketing- und Kreativverantwortlichen begrüßen den Aufschwung der generativen KI, wobei 75 Prozent sie bereits als wesentlichen Bestandteil ihres kreativen Toolkits betrachten. Im Marketing-Bereich wird KI heute beispielsweise genutzt, um Moodboards oder A/B-Tests zu erstellen. Mit nur wenigen Klicks können sich die Marketingprofis ihre Idee visualisieren oder verschiedene Versionen eines Textes oder eines Postings erstellen lassen.

Laut Brix werde KI künftig die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten und auch, wie wir kreativ arbeiten, erheblich verändern. Er sagt: "Kreativität wird künftig etwas anderes bedeuten." Das sei auch in der Vergangenheit bereits passiert. Als Beispiel nennt er die Funktion Remove.bg, die Hintergrundentfernfunktion, die ursprünglich von Kaleido gelauncht wurde und heute Teil von Canvas Bildbearbeitungsplattform ist.

Brix erläutert: "Beim Launch von Remove.bg hatten viele Designerinnen die Angst, ihren Job zu verlieren. Denn damals wurden sie häufig dafür bezahlt, die Hintergründe von Fotos zu entfernen. Mittlerweile ist es aber so, dass diese Designer:innen durch KI-Tools wie Remove.bg viel mehr hochqualitative Arbeit machen können, für die sie auch mehr verlangen können, als für langweilige und repetitive Aufgaben, die sowieso niemand machen will." Diese Ansicht wird mit 78 Prozent auch von einem Großteil der Studienteilnehmer:innen geteilt.

Doch es gibt auch kritische Stimmen in der Befragung. So haben in Deutschland drei von vier der Befragten Bedenken hinsichtlich des Schutzes von Kunden-, Unternehmens- und persönlichen Daten – noch vor Arbeitsplatzverlust, Plagiaten und Verzerrungen. 73 Prozent sind der Meinung, dass sich Marketer und Kreative zu sehr von KI abhängig machen.

Mit Richtlinien für den Einsatz von generativer KI haben 61 Prozent der Unternehmen bereits auf diese Bedenken reagiert.

Neben den genannten Bedenken sagen zwei Drittel (71 Prozent) der Studienteilnehmer, dass es bereits zu viele generative KI-Tools gibt, wobei 67 Prozent von der Lernkurve überwältigt sind. 58 Prozent fühlen sich unter Druck gesetzt, KI-Tools zu nutzen, um mit dem Wandel Schritt zu halten. 47 Prozent sagen, sie könnten noch nicht sagen, wie sie den größten Nutzen aus der Technologie ziehen können.

Um dem zu begegnen, arbeitet Canva derzeit daran, verschiedene KI-Tools unter einem Dach zu gruppieren und zu einem "One-Stop-Shop" für Kreative zu werden. "Wir wollen die ganze Palette abdecken, die man braucht, um sich visuell ausdrücken zu können", sagt Brix.

Canva wurde 2013 mit der Mission gegründet, Design zu demokratisieren und für alle zugänglich zu machen. Inzwischen erstellen jeden Monat rund 135 Millionen Menschen weltweit ihre Social-Media-Posts, Geburtstagskarten oder Präsentationsvorlagen mit Canva – rund zehn Prozent davon (14 Millionen) sind zahlende Kund:innen.

(emw)