Ceta-Beschluss aus Karlsruhe: Alle Seiten reklamieren Teilerfolg für sich

Gegner und Befürworter des geplanten Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada sehen sich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass Ceta gegebenenfalls vorläufig in Kraft treten kann, in ihren Ansichten bestärkt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 58 Kommentare lesen
CETA, Handelsabkommen

Ceta-Kritiker geben sich trotz des Rückschlags hoffnungsvoll.

(Bild: Stefan Krempl<br>)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach das umstrittene Handelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada hierzulande unter vergleichsweise strengen Auflagen in Kraft treten können soll, gibt Befürwortern wie Gegnern Raum für Hoffnungen. Allen voran zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Donnerstag "sehr zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens", mit dem die Eilanträge gegen den Vertrag gescheitert sind. Die von den Karlsruher Richtern verfügten Bedingungen seien "relativ problemlos zu erfüllen" und würden selbstverständlich umgesetzt, versicherte der SPD-Politiker.

Das Urteil verpflichtet die Bundesregierung, beim anstehenden Ratifizierungsbeschluss im EU-Rat in diesem Monat sicherzustellen, dass nur die Teile aus der EU-Kompetenz von Ceta in Kraft treten. Außen vor bleiben müssen alle Bereiche, für die Deutschland national mit zuständig ist. Das bezieht sich insbesondere auf das besonders umkämpfte Investorenschiedsgericht oder auf Standards beim Arbeits-, Umwelt – oder Datenschutz. Zudem fordern die Richter, dass die Bundesregierung Ceta notfalls im Alleingang kündigen können muss.

Karlsruhe habe der Regierung "gute und wichtige Auflagen" erteilt, befand Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken im Bundestag, die mit gegen Ceta klagen. Sie hoffe nun auf das noch ausstehende Hauptsachverfahren vor Bundesverfassungsgericht.

Ähnlich wie die Linke äußerten sich Vertreter der Organisationen, die zusammen mit über 125.000 Bürgern ebenfalls Verfassungsbeschwerde eingereicht hatten. Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode sprach von einem "Riesenerfolg", dass die Richter "unsere Bedenken" in der Hauptverhandlung prüfen wollten. Dies sei ein Schlag ins Kontor von Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die das weitere Verfahren hätten verhindern wollen. Der Kampf gegen das "verfehlte Abkommen" gehe weiter, wobei auch endlich ernsthaft "über die massiven Gefahren von Ceta für unsere Demokratie diskutiert wird".

Jörg Haas von Campact will nun neben dem EU-Parlament vor allem die Grünen in den Landesregierungen in die Pflicht nehmen, die Übereinkunft im Bundesrat zu stoppen. "Nach dem Verlauf der Anhörung ist es wahrscheinlicher denn je, dass Ceta gegen das Grundgesetz verstößt", prophezeite Roman Huber von Mehr Demokratie.

Die Vizechefin der Grünen im EU-Parlament, Ska Keller, unterstrich, dass Karlsruhe der Bundesregierung "keinen Freifahrtschein für Ceta" gegeben habe. Es sei höchst fraglich, ob die Politik den hohen Anforderungen an eine Ratifizierung nachkommen könne.

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle hatte bei der Urteilsverkündung zu verstehen gegeben, es sei nicht ausgeschlossen, dass Ceta verfassungswidrige Bestimmungen enthalte. Er und seine Kollegen stuften die Risiken durch einen vorläufigen Stopp des Vertrags aber als schwerwiegender ein, als wenn die damit verknüpften Regeln zunächst zum Teil Geltung erlangten. Dabei gehe es weniger um Schaden "auf wirtschaftlichem als vielmehr auf politischem Gebiet", betonte Voßkuhle. Eine Blockade würde demnach nicht nur die Außenhandelsbeziehungen beider Regionen beeinträchtigen. Es drohe auch, dass Deutschland und Europa international nicht mehr als verlässlich gälten.

Das nächste Hindernis für Ceta dürfte schon am Freitag das Parlament der Wallonie aufstellen. Die Region gehört zum Königreich Belgien und hat mehrfach durchblicken lassen, das Abkommen ablehnen zu wollen. Die EU-Kommission hatte sich im Juli dazu durchgerungen, dass Ceta auch den nationalen Parlamenten vorgelegt werden kann. Dies soll aber eigentlich nicht verhindern, dass die Bestimmungen zu reinen EU-Belangen zunächst provisorisch in Kraft treten. (mho)