Chef von IT-Dienstleister sieht klassische Bankfiliale aussterben

Spätestens in zehn Jahren braucht keiner mehr die Filialen in der jetzigen Form, meint Ulrich Dietz, Chef des IT-Dienstleisters GFT.

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Von
  • Heiko Lossie
  • dpa

Das engmaschige Filialnetz vieler Banken in Deutschland ist nach Überzeugung des Chefs des IT-Dienstleisters GFT, Ulrich Dietz, ein Auslaufmodell. "Die Filiale an sich wird keine Notwendigkeit mehr haben. Spätestens in zehn Jahren braucht die keiner mehr – wenn bis dahin aus den Filialen nicht etwas anderes geworden ist", sagte Dietz der dpa in Stuttgart. Internetbanking und Bezahlsysteme wie die Geldbörse im Handy machten die Anlaufstellen überflüssig. "Der Kunde muss einen Grund haben, in die Filiale zu gehen. Und das hat er in zunehmendem Maße weniger." GFT ist ein IT-Dienstleister für den Finanzsektor.

Gerade bei Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken mit ihrem dichten Zweigstellen-System sieht Dietz einen krassen Wandel anstehen. "Das glaubt dort zwar noch immer keiner, aber die klassische Filiale um die Ecke stirbt, wenn die Banken nicht entsprechend umdenken."

Die Genossenschaftsbanken und Sparkassen könnten aber ihren Vorteil des breiten Vertrauens ausspielen und das Argument Zahlungssicherheit ins Feld führen. "Da steckt ja auch eine Chance drin: Warum soll zum Beispiel ein Sparkassenverbund nicht auch sichere Software für das Zahlen mit dem Handy anbieten oder gleich sichere Handys verkaufen?" Dieses Umdenken müsse jedoch schnell erfolgen. "Die Banken müssen Sicherheitsgarant für diese Bezahltechnik werden und ihre Filialen entsprechend umstellen – oder sie gehen halt unter."

Dietz ist mit Blick auf die Bankenlandschaft hierzulande wenig zuversichtlich, dass der Weckruf überall rechtzeitig gehört wird. "Wir in Deutschland müssen schauen, dass wir nicht zum Zaungast werden und von außen in die Manege schauen, was dort passiert."

Die Branche müsse stärker zum Innovationstreiber werden und sich ihren Platz in der Kette sichern. Sonst könnten Konzerne wie Google das klassische Bankgeschäft gleich mit übernehmen. Derzeit treibt Google unter anderem Systeme voran, bei denen moderne Mobiltelefone das Bezahlen über Kreditkarte oder Online-Guthaben erlauben. Auch Mobilfunkanbieter und der Internet-Bezahldienst PayPal kämpfen schon um diesen Zukunftsmarkt. Sie drohten den Banken die Butter vom Brot zu nehmen, sagte Dietz. "Warum soll Google nicht auch Banklizenzen bekommen?" Auch die Kreditkartenfirmen liefen Gefahr, verzichtbarer zu werden – bei Googles gerade in den USA gestartetem Bezahldienst Google Wallet sind sie allerdings als Zahlungsdienstleister dabei.

Eines sei in dem Wandel klar: "Die Filiale der Zukunft wird nicht mehr das Gebäude sein, wo man reingeht und den Bankbeamten vor sich hat, der einem etwas über Geld erzählt. Das braucht keiner mehr." Ideen für den Umbruch hat Dietz schon: "So eine Filiale der Zukunft kann durchaus auch einen Kindergarten beinhalten oder ein Café, eine Immobilienberatung, eine Postfiliale oder Einkaufsmöglichkeiten." (anw)