Chinas Tech-Crackdown: Didi soll von der US-Börse, Update-Verbot für Tencent

Die chinesische Regierung will den Fahrtenvermittler Didi von der New Yorker Börse nehmen. Tencent darf vorerst keine neuen Apps mehr herausbringen.

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(Bild: fuyu liu/Shutterstock.com)

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Die Führung in Peking unternimmt weitere Schritte, um die Macht der chinesischen Internetkonzerne zu brechen. Aufsichtsbehörden des Reichs der Mitte sollen so etwa die Managementspitze des Mitfahrdiensts Didi Global aufgefordert haben, einen Plan auszuarbeiten, um den Konzern von der Börse in New York zu nehmen. Dies berichtet der Finanzdienst Bloomberg unter Verweis auf nicht näher bezeichnete Quellen.

Der Fall wäre einzigartig in diesem Sektor und würde verdeutlichen, dass es die chinesische Regierung ernst meint mit dem Tech-Crackdown. Als Grund für das Vorgehen im Fall des Mitfahr-App-Dienstleisters werden Bedenken wegen des Verlusts sensibler Geschäfts- und Nutzerdaten genannt. Es gehe etwa um Informationen über Fahrgäste und deren Ziele sowie Videoaufnahmen. Die zuständige Regulierungsbehörde, die Cyberspace Administration of China (CAC), soll Didi vorgeschrieben haben, Details für den Abgang vom Handelsplatz New York vorzuschlagen. Das letzte Wort werde dann Peking haben.

Nach dem Börsengang Ende Juni war Didi in New York zeitweise mit rund 80 Milliarden Dollar bewertet worden. Laut den nun kursierenden Vorschlägen könnte der Konzern wieder komplett privatisiert werden. Den Anlegern sollen dem Bericht zufolge mindestens 14 Dollar je Aktie für einen solchen Rückkauf angeboten werden. Dies entspräche dem Ausgabepreis. Auch ein Börsengang in Hongkong werde in Erwägung gezogen. Bei einer solchen Zweitnotierung müssten die aktuellen Anteilbesitzer wohl mit einem Abschlag rechnen.

Die Aktien der japanischen Softbank-Gruppe, dem größten Minderheitsaktionär von Didi, fielen in Tokio am Donnerstag um mehr als fünf Prozent. Auch Uber gehört zu den größeren Anteilshaltern, nachdem der chinesische Herausforderer den US-Konzern zunächst in seinem Heimatmarkt verdrängt hatte. Schon im vorigen Herbst hatte Peking Alibaba-Gründer Jack Ma angehalten, den Börsengang des zu dem Konzern gehörenden Finanzdienstleisters Ant Financial in letzter Minute abzusagen.

Didi zog nun im Sommer den Zorn der chinesischen Aufsicht auf sich, nachdem diese das Unternehmen aufgefordert hatte, vor der ausländischen Aktienausgabe zunächst das Problem der Datenhoheit zu lösen. Die CAC sah mit dem weiteren Vorgehen von Didi die Autorität der Regierung in Frage gestellt. Gemeinsam mit den Ministerien für öffentliche Sicherheit und für Staatssicherheit sowie mehreren anderen Behörden führte sie daher im Juli Vor-Ort-Inspektionen in den Büros des Konzerns durch. Seitdem ist Didi mit zahlreichen Untersuchungen rund um die Datensicherheit und die Behandlung der Fahrer überzogen worden.

Der Sharing-Economy-Riese gilt als Testfall für die chinesische Regierung. Staatschef Xi Jinping will seine Vision vom Teilen des Reichtums und eines "gemeinsamen Wohlstands" vorantreiben. Ihm und der Kommunistischen Partei (KP) stoßen übel auf, dass die Internetkonzerne teils am Rande der Legalität agieren, enorme Vermögen angehäuft und in- sowie ausländische Investoren bereichert haben. Peking will die Branche laut Experten wieder auf Kurs bringen. Dabei gehe es darum, das Wirtschaftswachstum insgesamt sowie die gesellschaftliche Stabilität und den Nationalismus zu fördern.

Auch Tencent bekommt den neuen Kurs verstärkt zu spüren. Laut chinesischen Medienberichten hat das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie den Tech- und Medienkonzern seit Mittwoch vorübergehend angewiesen, keine neuen Apps mehr auf den Markt zu bringen und bestehende nicht zu aktualisieren. Laut den Marktbeobachtern von Qimai sind derzeit mehr als 70 Programme des Unternehmens verfügbar. Am bekanntesten ist WeChat: Die Anwendung mit 1,2 Milliarden Nutzern fungiert als eine Art Schweizer Taschenmesser, die Funktionen etwa fürs Chatten und Bezahlen vereint. Dazu kommen über 100 Spiele, die von Tencent Mobile Games veröffentlicht hat.

Wie lange die Anordnung bestehen bleibt, ist offen. Tencent räumte das Verbot in einer Erklärung indirekt ein. Darin heißt es: "Wir arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung der Nutzerschutzfunktionen in unseren Apps und kooperieren regelmäßig mit den zuständigen Regierungsbehörden, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Die Anwendungen des Konzerns seien "weiterhin funktionsfähig und können heruntergeladen werden".

Die KP hatte Tencent im Sommer vorgeworfen, die Jugend mit schlichten Daddel-Games zu verblöden und als Monopol zu agieren. Sie will China zur Technologie-Weltmacht machen. Dazu sollen aber weniger an Verbraucher gerichtete digitale Dienste beitragen, als vielmehr eine Offensive für international wettbewerbsfähige Hochleistungschips, Künstliche Intelligenz und vernetzte Hardware.

(mho)