"Chipfabrik war ein Vorhaben zur falschen Zeit"

Klaus Wiemer, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Chipfabrik-Betreiberfirma Communicant, betont im Untersuchungsausschuss, er habe die Landesregierung mehrfach gewarnt.

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  • dpa

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Chipfabrik-Betreiberfirma Communicant in Frankfurt (Oder), Klaus Wiemer, hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen Missmanagements zurückgewiesen. Das milliardenschwere Hightech-Projekt sei ein Vorhaben zur falschen Zeit gewesen, sagte der 66-jährige Deutsch-Amerikaner heute vor dem Untersuchungsausschuss im brandenburgischen Landtag, der das Scheitern der Chipfabrik aufklären soll. Er habe die Landesregierung mehrfach gewarnt und zu einem Umsteuern aufgefordert.

Einige Gesellschafter der Chipfabrik sollen eine Schadenersatzklage gegen Wiemer erwägen. Er bekleidete den Posten des Vorstandschefs bei Communicant von Januar 2001 bis Mai 2002. Bei seinem Rücktritt sei er vom Scheitern des Projekts überzeugt gewesen, sagte Wiemer. Bei dessen Start sei die Technik zur Chipherstellung noch einmalig gewesen. Nur ein Jahr später habe es aber bereits sechs internationale Konkurrenten gegeben. Außerdem seien die Investoren nicht willens gewesen, ihre Gelder vor der Zuweisung von Bankkrediten einzuzahlen.

Ebenso habe es ein tiefes Zerwürfnis innerhalb der Communicant-Führungsspitze gegeben. Der damalige Chef des Instituts für Halbleiterphysik (IHP) und sein späterer Amtsnachfolger, Abbas Ourmazd, habe ihm ein "tiefes Misstrauen" entgegengebracht. Die Verschmelzung der im IHP vorhandenen Technik mit der von Intel sei nicht gelungen. Ourmazd habe das jedoch nie zugegeben und die Herausgabe entsprechender Dokumente verweigert, sagte Wiemer. Damit sei für ihn das Projekt Chipfabrik in immer weitere Ferne gerückt.

Nach eigenen Worten hat Wiemer ein längeres Gespräch mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß gehabt und dessen Amtsnachfolger Ulrich Junghanns (beide CDU) einen langen Brief geschrieben. Er habe ihnen empfohlen, ein unabhängiges Gutachten in Auftrag zu geben. Es habe jedoch nie eine Reaktion gegeben und es sei auch kein Umsteuern erfolgt, sagte Wiemer. Er gehe davon aus, dass sich die Chipfabrik nach Korrekturen bis zum Jahr 2010 zu einem Standort mit 10.000 bis 15.000 Beschäftigten hätte entwickeln können.

Wiemer wurde vom Ausschuss fast fünf Stunden lang vernommen. Er gilt als einer der wichtigsten Zeugen. Die Kritik Wiemers sei dem Wirtschaftsausschuss des Landtags nie zur Kenntnis gekommen, kritisierte dessen Vorsitzender Heiko Müller (SPD). Inzwischen werde immer klarer, dass im Zentrum des Scheiterns der Chipfabrik ein Name stehe. Der laute Abbas Ourmazd, meinte Müller, der die SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss vertritt. Das Projekt Chipfabrik war Ende vergangenen Jahres endgültig an der fehlenden Finanzierung gescheitert. Gesellschafter der Chipfabrik sind vor allem das Emirat Dubai, der US-Chiphersteller Intel und das Land Brandenburg. (dpa) / (anw)