Cloud-Computing: OVHcloud begräbt Kriegsbeil im Kartellstreit mit Microsoft

Neben dem Cloudverband CISPE hat auch der französische Cloud-Dienstleister OVHcloud eingewilligt, seine Wettbewerbsbeschwerde gegen Microsoft fallen zu lassen.

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(Bild: gemeinfrei)

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Microsoft hat mit dem französischen Cloud-Dienstleister OVHcloud eine Einigung in einem schon länger laufenden Kartellrechtsstreit erzielt. Dies berichtet das Portal Politico. OVHcloud wird demnach seine im Sommer 2021 bei der Wettbewerbsabteilung der EU-Kommission eingelegte Beschwerde gegen den US-Softwareriesen wegen Missbrauchs dessen marktbeherrschender Stellung zurückziehen. Im Zentrum der Eingabe stand die Art und Weise, wie Microsoft seine Produkte wie etwa das Office-Paket mit Word, Outlook und Excel vermarktet und – unter besonders günstigen Konditionen – mit der eigenen Cloud-Infrastruktur Azure verknüpft.

Der Deal soll es dem Bericht zufolge Nutzern von OVHcloud ermöglichen, Microsoft-Lösungen einfacher beim Cloud-Anbieter ihrer Wahl einzusetzen. Ein Sprecher des französischen Unternehmens bestätigte gegenüber Politico, dass sich beide Seiten auf eine Übereinkunft verständigt hätten, die "mehrere Änderungen der von Microsoft durchgeführten Praktiken" beinhalte. Man werde die Beschwerde daher nun formell fallenlassen. Der US-Konzern bot schon voriges Jahr Korrekturen seiner Cloud-Lizenzbedingungen angesichts zunehmender Klagen von Wettbewerbern an. Diese Grundsatzvereinbarung soll den Weg für die Einigung geebnet haben.

Ganz zufrieden ist OVHcloud aber noch nicht. "Obwohl diese Vereinbarung zu konkreten Fortschritten für das gesamte europäische Cloud-Ökosystem führt, besteht dringender Bedarf an weiteren Maßnahmen", betonte der Sprecher des Anbieters. Es gelte, "allen wettbewerbsschädigenden Praktiken" auch von anderen Hyperscalern wie Amazon mit AWS oder Google "auf dem EU-Cloud-Markt wirksam ein Ende zu setzen." Ein Microsoft-Vertreter erklärte: "Wir sind froh, dass wir diese Einigung erzielt und die Bedenken von OVH berücksichtigt haben." Zusammen mit OVHcloud wandten sich 2021 der italienische Datenzentrumsbetreiber Aruba und ein dänischer Cloud-Branchenverband an die Kommission. Auch sie werden Berichten zufolge ihre Beschwerde nicht weiterverfolgen.

Erst vorige Woche war bekannt geworden, dass der Branchenverband Cloud Infrastructure Service Providers in Europe (CISPE) seine separate Wettbewerbsbeschwerde gegen Microsoft bei der Kommission zurücknimmt. Auch hier sagte der US-Gigant Korrekturen seiner Vertragsklauseln für die eigenen Cloud-Dienste zu. Er wird dem Vernehmen nach zugleich rund 20 Millionen Euro an CISPE zahlen. Die Wettbewerbsbehörde der Kommission untersucht seit Mai 2023, ob der Microsoft seine Marktmacht ausnutzt, um Konkurrenten aus dem umkämpften Cloud-Geschäft zu verdrängen. Die jüngsten Rückzüge machen es unwahrscheinlicher, dass die Brüsseler Regierungsinstitution eine offizielle Wettbewerbsklage einreicht.

Das US-Softwareunternehmen sieht sich trotzdem nach wie vor in ganz Europa einem zunehmenden Druck durch Regulierungsbehörden ausgesetzt. Unter anderem laufen in Großbritannien und Spanien noch Untersuchungen zu dessen Cloud-Diensten. Im November 2021 gab ferner der deutsche Dienstleister Nextcloud bekannt, eine Beschwerde beim Bundeskartellamt gegen Microsoft eingereicht zu haben. Dieses prüft die Marktmacht des US-Konzerns allgemein seit März 2023. Die Coalition for Fair Software Licensing kritisierte im CISPE-Fall, die Verständigung sei "Microsofts jüngster Versuch, sich der behördlichen Kontrolle zu entziehen".

(mid)