Commit von Theo de Raadt: Bei OpenBSD ist jetzt alles anders

OpenBSD-Gründer Theo de Raadt ersetzt eine Datendatei – und damit verschwindet der letzte bislang unveränderte Part aus dem ursprünglichen OpenBSD 1.1.1.1.

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Kugelfisch als Unterwasserruine

Artwork des aktuellen OpenBSD 7.5 vom zurzeit in Kroatien lebenden Künstler Stipan Morian, der auch an 20thCENTURY MEN von Image Comics mitgewirkt hat.

(Bild: Stipan Morian / OpenBSD)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Michael Plura

Das uralte BSD-Spiel quiz(6) fragt auf recht rudimentäre und teilweise zynisch oder satirische Weise zufällige Fakten zu verschiedenen Themen ab. Dazu verfügt es über mehrere Datendateien. Die Fragen und Antworten zum Thema "greek" empfand Theo de Raadt als zu obskur und entfernte diese Datendatei daher mit einem Commit aus dem OpenBSD-Repository.

Es gibt viele sinnvolle und noch mehr unsinnige Metriken, den Fortschritt von Projekten zu messen: Zeiträume, Versionsnummern, Anzahl der Entwickler oder Benutzer, Menge an Code und so weiter. Für FreeBSD wertet Rodrigo Osorio beispielsweise alle Commits seit Anbeginn der FreeBSD-Entwicklung aus und stellt diese Daten im ASCII-Format zur Verfügung. Mit dem OpenBSD-Commit von Theo de Raadt und seiner Bemerkung "This commit changes the *LAST UNMODIFIED ORIGINAL FILE* (meaning revision 1.1.1.1) from the original import that created OpenBSD on Oct 18, 1995." gibt es somit eine weitere Metrik für Statistik-Liebhaber: Wann wurde die letzte Originaldatei eines Forks verändert?

Nichts mehr vom Original übrig: Der Commit von Theo de Raadt ersetzt den letzten Teil von OpenBSD 1.1.1.1.

(Bild: Screenshot)

Denn: OpenBSD entstand aus einem Streit über die angeblich zu rauen Umgangsformen des NetBSD-Mitbegründers Theo de Raadt. Das übrige NetBSD-Coreteam entzog de Raadt den Zugang zu den Servern, gefolgt von einer sich über ein Jahr lang hinziehenden Diskussion. Irgendwann – und mit mittlerweile 19.000 Zeilen nicht eingepflegtem NetBSD-Code – wurde de Raadt die Hinhaltetaktik zu bunt, und als logische Konsequenz legte er am 18. Oktober 1995 einen Fork von NetBSD an: OpenBSD. Zusammen mit Chuck Cranor richtete er den weltweit ersten öffentlichen und frei nutzbaren CVS-Server mit dem Eintrag "initial import of NetBSD tree" ein und erlaubte es Unix-Programmierern rund um den Globus, direkt an der Entwicklung des Systems mitzuarbeiten.

Der Fokus von OpenBSD liegt auf allen Aspekten der Sicherheit. Die Entwickler misten vorhandenen Code regelmäßig aus und lassen Code-Audits durchführen. Sinnvolle Sicherheitsfunktionen finden, auch wenn sie unbequem sind, regelmäßig Einzug in die Codebasis. Mit einigen Jahren Verzögerung übernehmen andere BSDs, aber auch Microsoft, Oracle und Apple die Innovationen von OpenBSD, bei Linux geht man gerne eigene Wege. Und auch Hersteller von Hochsicherheitslösungen wie GeNUA bauen ihre Firewall-Appliances auf OpenBSD und dessen Paketfilter pf auf.

(fo)