Computerschach mit Erdöl-Dollars (Update)

Im Rahmen eines Schachturniers in Abu Dhabi fordert das Programm Hydra den Führenden der Computerrangliste Shredder heraus.

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Von
  • Lars Bremer

Heute beginnt in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Schach-Wettkampf der besonderen Art. Im Rahmen des alljährlichen Turniers in Abu Dhabi tritt das von der lokalen PAL Group of Companies finanzierte Programm Hydra gegen den Ranglistenführer Shredder zu einem Match über acht Partien an. Im Unterschied zu Shredder ist Hydra aber kein normales Schachprogramm, das man auf CD beim Elektro-Discounter um die Ecke kaufen kann, sondern eine Spezial-Hardware, ähnlich wie einst Deep Blue.

Deep Blue bestand aus Karten mit eigens entwickelten Schach-Prozessoren, die in 32 parallel geschalteten RS/6000-Workstations steckten. Hydra arbeitet mit FPGA-Karten (Field Programmable Gate Arrays), die in PCI-Slots vernetzter PCs stecken. Die Idee, FPGAs zu verwenden, stammt von Ken Thompson, der nicht nur an der Entwicklung von Unix und C beteiligt war, sondern auch schon eine Schachmaschine gebaut hat. Außerdem gab Thompson (mit einem Zuggenerator in LDE und einem LDE-nach-Verilog-Konverter) den Anstoß zu diesem Projekt.

Die FPGAs sind zwar langsamer als die DeepBlue-ASICs, dafür aber programmierbar; spielerische Schwächen und Fehler lassen sich so jederzeit beseitigen. Die Arbeitsweise ähnelt ebenfalls der von Deep Blue: Hydra durchsucht den Spielbaum auf den beteiligten PCs rein per Software bis zu einer bestimmten Tiefe und übergibt die erreichten Endstellungen an die FPGA-Karten. Diese hängen noch eine kurze Suche hintendran, bewerten die resultierende Stellung und übergeben wieder an die PC-Software, die dann mit anderen Varianten das Gleiche macht.

Die Schwierigkeit an dieser Technik ist die Redundanz: Es ist nicht gerade einfach, eine Suche im Spielbaum zu parallelisieren, ohne Berechnungen dabei doppelt und dreifach ausführen zu müssen. Für die Koordinierung der momentan 16 Virtex-I-Karten und der Rechner, auf die sie verteilt sind, hat sich das Hydra-Team daher einen Spezialisten ins Boot geholt, Dr. Ulf Lorenz von der Universität Paderborn, der seit Jahren auf diesem Gebiet forscht.

Die PAL Group engagierte den deutsche Schach-Großmeister Christopher Lutz für die Eröffnungsvorbereitung und den aus den Vereinigten Arabischen Emiraten stammende Großmeister Talib Mousa, um das Spielverständnis ihres Schach-Babys zu verbessern. Das wird auch nötig sein, denn ihr Gegner, der ehemalige Computerschach-Weltmeister und Zweite der letzten WM Shredder, führt die Computerrangliste seit zwei Jahren ununterbrochen an und läuft auf einem System mit vier Opteron-Prozessoren, die mit 2,2 GHz getaktet sind. So fliegt Shredders Autor Stefan Meyer-Kahlen hoffnungsfroh nach Abu Dhabi; er rechne mit einem knappen Sieg in dem auf acht Partien angesetzten Match, sagte er gegenüber heise online. Auch Hydra-Programmierer Chrilly Donninger gibt sich vorsichtig optimistisch: "Ich hoffe schon, dass Hydra das Match gewinnt. Shredder ist aber schwer zu biegen. Wir hatten in der Vorbereitung ganz gute Ergebnisse. Aber das haben immer alle."

Auf Playchess ist eine Übertragung der Partien geplant. Windows-Anwender müssen dazu den kostenlosen Client herunterladen; Linux- und Mac-Anwender bleiben aber außen vor, weil der Ausrichter offenbar keine Übertragung per Java-Applet plant. (Lars Bremer) / (ad)