Copyright-Industrie meldet sich im US-Präsidentschaftswahlkampf zu Wort

Die Copyright Alliance, eine Dachvereinigung von Unternehmen aus der Musik-, Film- und Software-Branche, hat 17 Präsidentschaftskandidaten einen Fragebogen zukommen lassen, in dem sie ihre Positionen zum Schutz des geistigem Eigentums darlegen sollen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 106 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Wer Präsident der USA werden will, darf es sich bei den wichtigsten Industrien im Land nicht verscherzen. Dabei geht es nicht nur um das Einsammeln von Spenden für die Finanzierung des mit geschätzten Gesamtausgaben von einer Milliarde Dollar wohl teuersten US-Präsidentschaftswahlkampfs aller Zeiten – wenige Wochen vor Beginn der parteiinternen Vorwahlen, aus denen im August (Demokraten) und September (Republikaner) jeweils ein offizieller Kandidat für die Wahl des 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika am 4. November 2008 hervorgehen wird, mischen sich die Lobby-Verbände auch kräftig in Inhalte ein.

So drängt etwa die Copyright Alliance, eine Dachvereinigung US-amerikanischer Firmen und Verbände aus den Copyright-Industrien, die insgesamt 17 (Vorwahl-)Kandidaten jetzt dazu, ihre Positionen zum Schutz geistigen Eigentums öffentlich darzulegen. Nach Angaben der Copyright Alliance arbeiten in den USA mehr als elf Millionen Menschen bei Unternehmen, die unmittelbar von Regelungen zum Urheberrecht betroffen sind – immerhin so viele, wie die US-Bundesstaaten Hawaii, Kansas, Mississippi, Nebraska und Utah zusammen Einwohner haben.

Der Beitrag der angeschlossenen Unternehmen aus der Film-, Musik-, TV-, Verlags-, Software- oder auch Profisport-Branche zum amerikanischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) habe im Jahr 2005 bei 11 Prozent oder 1,38 Billionen US-Dollar gelegen, rechnet die Copyright Alliance vor. Angesichts einer Steigerungsrate, die doppelt so hoch wie der jährliche prozentuale BIP-Zuwachs sei, müsse für einen starken Schutz der "Ideen" der Copyright-Industrien gesorgt werden, um Jobs und Umsätze zu sichern.

"Die von uns vertretenen Menschen sind brennend daran interessiert, zu erfahren, welche Pläne Sie zur Aufrechterhaltung eines wirksamen Urheberschutzes haben", heißt es in einer Mitteilung der Copyright Alliance zum Versand eines Fragebogens mit dem Titel "Support America’s Ideas Economy" (PDF-Datei) an die Kandidaten, in dem Stellungnahmen zu insgesamt fünf Punkten verlangt werden. Es fehlt auch nicht der Hinweis, dass die Copyright Alliance die dargelegten Positionen analysieren und "die kreative Gemeinschaft sowie die Öffentlichkeit darüber informieren wird, welche Standpunkte unsere Präsidentschaftskandidaten bei Urheber- und Künstlerrechten einnehmen".

Gefragt wird unter anderem, ob die Kandidaten Anstrengungen zur Ausweitung der zivil- und strafrechtlichen Verfolgung von Copyright-Verletzungen auf nationaler und internationaler Ebene unterstützen würden. Oder "ob sie glauben, dass die Rechte, die unserer Wirtschaft gedient und die Kreativität gefördert haben, auch auf die digitale Welt angewendet werden sollten." Die wohl kniffligste Frage für die Berater der Kandidaten dürfte Frage Nummer vier sein: "Wie würden Sie gewährleisten, dass Urheberschutz-Bestimmungen in bilaterale, regionale und multilaterale Handelsabkommen aufgenommen werden, um Kreative zu schützen und die globale Entwicklung zu fördern?"

Knifflig vor allem deswegen, weil die US-Wirtschaft nach Zahlen des Hightech-Verbandes "Computer and Communications Industry Association" (CCIA) jährlich 4,5 Billionen Dollar Umsatz mit sogenannten "Fair Use"-Bestimmungen zur Eingrenzung des ausschließlichen Verwertungsrechts im Copyright erzielt. Die im Interesse der Allgemeinheit aufrecht erhaltenen Freiräume im Umgang mit geschützten Werken übertrafen die direkt mit Copyrights erzielten Einnahmen im vergangenen Jahr deutlich – und kurbelten die Wirtschaft ebenfalls stark an.

Der US-Gesetzgeber hatte mit der "Fair Use"-Doktrin im Jahr 1976 das im Copyright begründete alleinige Recht der Verwerter geschützter Werke zum Wohle der Gesellschaft eingeschränkt. So ist es etwa erlaubt, Kopien für den privaten oder wissenschaftlichen Gebrauch zu erstellen. Auch ein Reverse Engineering von Software ist in gewissen Grenzen genauso gestattet wie etwa das Zitieren anderer Quellen in Nachrichtenartikeln oder Büchern. In Europa und Deutschland sind entsprechende Nutzerfreiheiten unter dem Fachbegriff "Schrankenrechte" für das Urheberrecht bekannt.

Laut den Autoren der CCIA-Studie sind die "Fair Use"-Regeln vor allem "ein wichtiges Fundament der Internetwirtschaft". So würde sich darauf etwa die Möglichkeit begründen, Ausschnitte von Inhalten in Suchmaschinen darzustellen und damit überhaupt erst ein wichtiges Werkzeug für Handel und Ausbildung betreiben zu können. Andere wichtige Anwendungsfälle seien das Webhosting, das Erstellen vorübergehender Kopien von Inhalten im Browsercache oder von Software zur Erleichterung der Arbeit an interoperablen Programmen sowie die Privatkopie allgemein. Die Präsidentschaftskandidaten wurden aufgefordert, den Fragebogen bis zum 7. Januar zu beantworten. (pmz)