Corbijns Fotos in Bochum

Von Mick Jagger bis Ai Weiwei: Anton Corbijns erste Liebe galt dem Fotografieren von Musikern. Inzwischen stehen ihm immer öfter die Großen der Kunstszene Modell. In Bochum sind einige seiner Star-Porträts ausgestellt.

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Von
  • Florentine Dame
  • dpa

Von Mick Jagger bis Ai Weiwei: Anton Corbijns erste Liebe galt dem Fotografieren von Musikern. Inzwischen stehen ihm immer öfter die Großen der Kunstszene Modell. In Bochum sind einige seiner Star-Porträts ausgestellt.

Mick Jagger, Bruce Springsteen, Ai Weiwei, John le Carré, Kate Moss – die Modelle vor Anton Corbijns Kamera tragen große Namen. "Er schafft es, in diesen tot-fotografierten Gesichtern etwas zu zeigen, was dem Betrachter neu ist", sagt der Bochumer Museumsdirektor und Kurator Günter Golinski. Sein Haus zeigt seit Samstag unter dem Namen "Inwards and Onwards" eine Ausstellung von Corbijns Star-Porträts.

In den über 40 großformatigen Schwarz-Weiß-Porträts altbekannter Stars zeigt sich: Corbijn setzt die Ikonen nicht als Bühnenhelden in Szene. Er sucht die intimen Momente, Einblicke in die Seelen. Meist ernsthaft blicken seine berühmten Modelle drein. Scheu schauen sie in die Linse von Corbijns Hasselblad-Kamera – oder daran vorbei in eine sehnsuchtsvolle Ferne.

Doch was trotz melancholischer Grundstimmung der meisten Werke immer wieder zum Schmunzeln bringt, ist ein ironisches Versteckspiel. "Verspieltheit" nennt er das, was sich in viele seiner Bilder schleicht: Den medienscheuen Künstler Gerhard Richter, der selbst auf seinen Bildern Motive immer wieder verfremdet und unkenntlich macht, lichtet Corbijn von hinten ab.

Mick Jagger verbirgt sich hinter einer Maskerade aus Frauen-Perücke, Perlenschmuck und Make-up. Nur Bartstoppeln und seine markanten Lippen verraten ihn als Frontman der Rolling Stones. "Ich bin gerne offen für die Dinge, die einfach passieren", berichtet Corbijn bei der Ausstellungseröffnung. "Als ich an Mick Jaggers Tür klopfte, öffnete er mir in diesem Outfit". Das erstmals in Bochum ausgestellte Porträt des chinesischen Künstlers Ai Weiwei ist da schon fast von untypischer Unverstelltheit: Mit nacktem Oberkörper und frontalem Blick ruht die massige Figur Buddha-ähnlich in sich selbst.

Der Musik habe seine erste Liebe gegolten, sagt Anton Corbijn. Seit 1972 tauchte er ein in die Welt der Pop- und Rockmusiker. Begleitete Bands wie Depeche Mode oder Joy Division auf Tourneen, machte sich einen Namen als Gestalter unzähliger Plattencover, drehte Musikvideos und porträtierte zahllose Musiker. Auch als Filmregisseur hat sich Corbijn einen Namen gemacht ("The American"), arbeitet gerade an der Verfilmung von John le Carrés Roman "Marionetten".

In der Fotografie widmete er sich in den letzten zehn Jahren immer öfter der bildenden Kunst. Während er Musiker zumeist jenseits von Bühne und Aufnahmestudio zeigt, folgt er den Malern in ihre Ateliers. Dabei sei die Arbeit mit Künstlern viel schwieriger als mit Musikern, den geborenen Performern. «Künstler sind oft viel zurückgezogener.» Bis ein Bild entsteht braucht es manchmal viele Gespräche, eine lange Zeit der Annäherung. «Was mich an der Welt der Maler interessiert, ist ihr Mut, mit Nichts zu beginnen», sagt Corbijn. Er müsse keine leere Leinwand bekämpfen – er habe immerhin schon sein Motiv.

So blicken von den Wänden des Bochumer Kunstmuseums noch bis zum 28. Juli nicht nur Größen des Musikbusiness, sondern auch der Kunstszene, etwa Damien Hirst, Jeff Koons, Gilbert & George. Es ist nach einer Retrospektive vor 13 Jahren Corbijns zweite Ausstellung in den Bochumer Ausstellungsräumen. Dort hofft man, dass das vermeintliche Kontrastprogramm von Popkultur-Stars und Hochkulturgrößen ein breites Publikum ins Museum locken wird. Das könnte gelingen mit der kleinen, aber feinen Fotoausstellung: Inzwischen habe es Corbijn ja selbst längst zum Star-Fotografen gebracht, sagt Museumsdirektor Golinski stolz.

(keh)