Critical Communications World: Netze verknüpfen ist nicht alles

Sicherheitsbehörden aller Länder stehen vor der Aufgabe, die Sprechfunk- und die Datennetze so zu nutzen, dass sie als Einheit funktionieren.

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Motorola M500 für den Einbau in Polizei-KFZ.

(Bild: Detlef Borchers/heise online)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers
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Nach einer pandemiebedingten Pause startete in Madrid die Sicherheitsmesse Critical Communication World mit deutlich verkleinertem Umfang als Hybridmesse. Das Konferenzprogramm vor Ort wurde gestreamt, viele Redner wurden virtuell zugeschaltet. Wenige Aussteller zeigten neue Hardware. Man arbeitet an der Software, die herkömmlichen Funknetze der Blaulichtbehörden mit den Breitbandnetzen der Mobilfunkunternehmen zu verbinden und die Sprache auch in die Breitbandnetze zu integrieren.

Welche Integrationsarbeit dabei nötig ist, zeigte der Vortrag von Gerald Bedürftig von der deutschen Blaulichtbehörde BDBOS. Als Leiter der Netzwerk-Design-Gruppe berichtete er von den Testreihen, die die BDBOS mit den Netzwerkanbietern Telekom und Vodafone durchgeführt hat, die sich um den Breitbandauftrag der BDBOS beworben haben. In den Tests wurde der Betrieb mit jeweils 1000 Mobiltelefonen simuliert.

Beim Handover zwischen dem eigenen BDBOS-Netz und den Netzen der Mobilfunkanbieter im RAN-Sharing benötigten die Test-Geräte zwei bis drei Minuten, um wieder kommunizieren zu können. Der inakzeptable Wert konnte in einer ersten Optimierung auf 20 Sekunden reduziert werden und soll in einer zweiten Optimierungsrunde auf 0,2 Sekunden gesenkt werden. Dabei wählten die beiden verbliebenen Mobilfunkanbieter (Telefonica nahm nicht mehr am Test teil) vollkommen unterschiedliche Lösungsansätze, um den Engpass zu umgehen. Wer die Ausschreibung um die Ergänzung des BOS-Netzes als MNO gewinnt, ist noch nicht abzusehen.

Etwas weiter ist man in Großbritannien. Wie Chefinspektor Dave Hannan vom Polizeibezirk Lancashire ausführte, arbeitet man am "Silent Dispatch", an der Umsetzung der klassischen Sprach-Anweisungen in passende Meldungen mit einer einheitlichen Bedienoberfläche für alle Multimedia-Geräte als Ergänzung zur Sprache. Umgekehrt stelle die rasant zunehmende Nutzung von Bodycams die Leitstellen und Auswertungsinstanzen vor neuen Herausforderungen.

Pandemiebedingt ist die Aggressivität gegenüber Rettungssanitätern so gestiegen, dass der National Health Service (NHS) beschlossen hat, alle Ambulanz-Besatzungen mit Bodycams auszurüsten. Die Auswertung und strafrechtliche Verfolgung von Angriffen ist Sache der Polizei.

Ein interessantes Produkt stellte in dieser Hinsicht Motorola Solutions mit dem Videosystem M500 für den Einbau in Polizei-KFZ vor. Es besteht aus zwei Kameras. Eine ist wie üblich nach vorne ausgerichtet. Sie nimmt das Verkehrsgeschehen auf und besitzt eine integrierte Software zur Kennzeichen-Erkennung, eine ist in den Fahrerraum gerichtet und startet die Videoaufnahme, sobald eine Person auf dem Rücksitz Platz nimmt. Gleichzeitig verbindet sich das System mit den aktiven Bodycams der Polizisten und soll so einen Vorfall aus allen Perspektiven zeigen und in einen Fallbericht integrieren.

Die Innenkamera ist nach Angaben von Motorola KI-gesteuert und soll nicht ausgeschaltet werden können. In der englischen Pressemitteilung spricht Motorola von "cultivating community trust": So soll den zunehmenden Berichten über Misshandlungen während der Fahrt zur Polizeiwache gegengesteuert werden. Eine andere Lösung zeigte Hytera mit der Bodycam VM580D. Das Kamerasystem ist mit einem eigenen Sender ausgerüstet, damit Notrufe über 3G, LTE oder WLAN gesendet werden können.

(bme)