London: Nach Cyberangriff sollen wohl auch Medizinstudenten aushelfen

Nach einem Cyberangriff auf einen Pathologiedienstleister kämpfen Londoner Kliniken mit den Auswirkungen. Das englische Gesundheitssystem bittet um Blutspenden.

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Eine Person erhält eine Bluttransfusion in einem Krankenhaus.

Blut ist ein knappes Gut. Nach einem Cyberangriff auf einen Labordienstleister für Kliniken in London noch mehr.

(Bild: Elnur/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Der Cyberangriff auf den Londoner Pathologiedienstleister Synnovis sorgt weiter für "erhebliche Störungen" und bringt Patienten in Gefahr, wie unter anderem aus einer Mitteilung des englischen Gesundheitssystems (National Health Service, NHS) hervorgeht. Ein großes Problem besteht darin, dass die betroffenen Krankenhäuser den Blutbedarf der Patienten nicht decken können. Die Störungen sollen noch bis zum Ende der Woche andauern. Notdienste seien allerdings weiterhin wie gewohnt verfügbar.

Deshalb werden Bloomberg zufolge Mitarbeiter zu Blutspenden aufgerufen. Laut BBC sind Medizinstudenten beim St Thomas' Hospital zu 10-Stunden-Schichten angehalten. Darüber hinaus sollen sie als Laufburschen dienen und Ergebnisse von Blutuntersuchungen ausliefern. Krebspatienten wurden zudem ohne Therapie nach Hause geschickt. Auch Organtransplantationen seien ausgefallen. "Leider wissen wir, dass eine Reihe von Operationen und Terminen verschoben wurden", bedauert Professor Stephen Powis, Medizinischer Direktor des NHS England. Diese müssen jetzt in benachbarten Krankenhäusern stattfinden, die nicht von dem Cyberangriff betroffen sind, erklärt Powis.

Um mehr Operationen durchführen und "allen Patienten die bestmögliche Versorgung zu bieten", brauchen die Londoner Kliniken laut Dr. Gail Miflin, Chief Medical Officer bei "NHS Blood and Transplant", jedoch mehr Blutspenden der Gruppen "0 Rhesusfaktor positiv" und "0 Rhesusfaktor negativ". Er hofft, dass potenzielle Blutspender einen Termin in einem der 25 Spenderzentren buchen. "Vielleicht haben Sie einen dieser speziellen Typen, die in Notfällen eingesetzt werden können", so Miflin.

Wenn es schnell gehen muss und man nicht auf die Bestimmung der Blutgruppe des Patienten warten kann, ist die Blutgruppe 0 hilfreich. "Die Sicherheit der Patienten hat für uns absolute Priorität. Wenn die Krankenhäuser die Blutgruppe eines Patienten nicht kennen oder ihr Blut nicht zuordnen können, ist es sicher, Blut der Gruppe Null zu verwenden", erklärt Miflin.

Der Angriff hat sich auf Arztpraxen ausgewirkt, die auf die Labordienstleistungen von Synovis angewiesen sind. Synnovis bietet unter anderem Bluttests, Abstriche und andere diagnostische Dienstleistungen an. Nach Angaben von Synnovis selbst sind sämtliche IT-Systeme von dem Angriff betroffen. Derzeit arbeiten IT-Experten mit dem NHS daran, die Auswirkungen des Angriffs zu bewerten und "erforderliche Maßnahmen zu ergreifen [...] um die Auswirkungen auf Patienten [...] zu minimieren". Synnovis haben den Vorfall nach eigenen Angaben bei den Strafverfolgungsbehörden und zuständigen Datenschutzbehörden gemeldet.

Weitere Kunden von Synnovis sind ebenfalls betroffen – etwa die Royal Brompton & Harefield Krankenhäuser, die größten spezialisierten Herz- und Lungenzentren in Großbritannien. In Verdacht steht die Ransomware-as-a-Service-Gruppe "Qilin" (früher bekannt unter dem Namen "Agenda"), auf der Data-Leak-Seite von Qilin ist jedoch aktuell kein Eintrag für den Angriff verzeichnet. Weitere Details oder Aussagen dazu, wann die Systeme wieder funktionieren oder ob Daten abgeflossen sind, gibt es bislang nicht.

Ein Arzt im Süden Londons sagt gegenüber Bloomberg, dass örtliche Praxen in der Vergangenheit bis zu 10.000 Blutproben pro Tag für Tests bestellt hatten, jetzt würden lediglich 400 am Tag angefordert werden können. Routinemäßige Bluttests für Patienten mit Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Nierenerkrankungen ließen sich demnach nur verzögert auswerten.

(mack)