Cyberspione aus Vietnam spähen Regimekritiker in Deutschland aus

Die kriminelle Hackergruppe "Ocean Lotus" hat nach Recherchen von BR und Zeit Online auch hierzulande Kritiker der vietnamesischen Regierung im Visier.

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BR-Recherche: Vietnamesische Hacker spähen Regimekritiker in Deutschland aus

(Bild: PORTRAIT IMAGES ASIA BY NONWARIT/Shutterstock.com)

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Im Rahmen einer gemeinsamen Recherche haben sich Bayerischer Rundfunk und Zeit Online mit einer kriminellen Hackergruppe namens "Ocean Lotus" befasst. Diese spioniert offenbar gezielt in Deutschland lebende vietnamesische und deutsche Staatsbürger aus, deren Arbeit der vietnamesischen Regierung "unbequem" ist. Ein nun veröffentlichter Investigativbericht nennt konkrete Ziele und Details zur Vorgehensweise der Gruppe, die bereits seit 2014 vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) beobachtet wird.

Laut BfV sei es nicht möglich, die Gruppe eindeutig etwa dem vietnamesischen Nachrichtendienst zuzuordnen. IT-Sicherheitsexperten zufolge agiere Ocean Lotus aber mindestens "im strategischen Interesse" der vietnamesischen Regierung. Das Auswärtige Amt schätzt die Meinungsfreiheit in Vietnam als stark beschränkt ein. "Regierungskritiker landen dort oft im Gefängnis, eine freie Presse gibt es nicht, die Todesstrafe wird noch vollstreckt", heißt es im Investigativ-Berichten bei Tagesschau Online und bei Zeit Online.

Die Spionage erfolge mit Hilfe einer speziellen Malware, die meist via E-Mail verschickt werde. Um den Empfänger zum Öffnen zu bewegen, recherchiere die Gruppe vorab intensiv in dessen Umfeld. So hätte sich Ocean Lotus etwa gegenüber einem vietnamesischen Blogger als Veranstalter einer Konferenz ausgegeben, die dieser besuchen wollte.

Der Schadcode spioniere auf dem kompromittierten System neben sensiblen Daten des Opfers auch dessen Kontakte aus, die mitunter anschließend ebenfalls angegriffen würden. Als weitere konkrete Ziele nennt der Bericht von BR und Zeit Online (neben weiteren, unbenannten) eine deutsche Journalistin der taz sowie ein Mitglied einer Menschenrechtsorganisation, die sich für Inhaftierte in Vietnam einsetzt.

Auf Anfrage von BR und Zeit Online habe die vietnamesische Botschaft die Vorwürfe einer Beteiligung der Regierung Vietnams als "unbegründet" zurückgewiesen. Vietnam sei "jederzeit bereit, bei der Bekämpfung von Cyberangriffen mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten".

Die Polizei wiederum wirkte nach Einschätzung des Investigativteams wohl eher überfordert mit dem Fall. Nachdem die von Spionage betroffene Menschenrechtsorganisation bei der lokalen Polizeistelle Strafanzeige gestellt habe, hätten die Beamten des (offenbar für zuständig befundenen) Betrugsdezernats nach eigenen Angaben versucht, mit dem Spionage-Opfer telefonisch und per E-Mail Kontakt aufzunehmen. Den Recherchen zufolge hätten sie dabei allerdings irrtümlich eine E-Mail-Adresse von "Ocean Lotus" kontaktiert.

(ovw)