DIN-Norm für weniger tiefe Verlegeverfahren soll den Glasfaserausbau beflügeln

Nach rund zehn Jahren Arbeit hat das DIN Leitlinien für das Verlegen von Glasfaserkabeln per Trenching & Co. veröffentlicht. Bislang waren Kommunen skeptisch.

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(Bild: TPROduction / shutterstock.com)

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Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat den lange erwarteten Entwurf für die Norm 18220 zu "Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren zur Legung von Leerrohrinfrastrukturen und Glasfaserkabeln für Telekommunikationsnetze" publiziert. Das Dokument gibt einen Überblick über bautechnische Grundsätze für Planung und Bau von unterirdischen Breitbandinfrastrukturen mit alternativen, weniger tiefen Verlegemethoden.

Die Telekommunikationsbranche erhofft sich von Trenching schon seit Langem kürzere Bauzeiten und deutlich niedrigere Kosten gegenüber der Verlegung in der offenen Grabenbauweise. Die Ausführung gilt als weniger aufwendig, die Baustellen sind generell kleiner und können rascher wieder beseitigt werden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr schätzt die mögliche Bauleistung auf 250 bis 600 Meter pro Tag, sodass sich die Verkehrsbehinderungen und Belästigungen der Anwohner verringerten.

Der Bundestag eröffnete Netzbetreibern den Einsatz solcher Verfahren prinzipiell bereits im Sommer 2016 mit dem sogenannten DigiNetz-Gesetz. Die Deutsche Telekom etwa plante daher ein Jahr später "in Rücksprache mit den Kommunen" beim Gewerbegebietsausbau Microtrenching einzusetzen. In Städten und Gemeinden sorgte dieser Ansatz bislang oft aber für wenig Begeisterung: Sie fürchten, auf Folgekosten sitzenzubleiben, wenn etwa später die Straße wieder aufreißt. Auch Baumeistern stellt sich in diesem Zusammenhang die Haftungsfrage.

Das Deutsches Institut für Normung (DIN) reißt in dem Entwurf nun Einsatzbereiche für alternative Legemethoden und gibt Hinweise zu Prüfverfahren, zur Bestandsermittlung sowie zur Zustandserfassung. Dabei unterscheidet es etwa zwischen Asphalt- und Pflasterflächen mit ungebundenen Schichten. Zudem stellt das Normungsinstitut die unterschiedlichen Schleif-, Fräs- und Pflugverfahren vor. Dazu kommen Ansätze, um die Verkehrsflächenbefestigung wiederherzustellen und die Leitungszone zu verfüllen.

Die Verfasser des Papiers legten "Verfahren für die Herstellung von Gräben unterschiedlicher Breite und Tiefe, die Legung der Telekommunikations-Infrastruktur" fest, erläutert das DIN in seiner Einführung. Es sei nicht anzuwenden, etwa für den Bau von Leitungen in Fernstraßen oder in Bereichen von Bahnlinien. Den vollen Text jenseits des Inhaltsverzeichnisses können nur registrierte Nutzer einsehen und kommentieren. Für den Kauf werden 108,80 Euro fällig. Die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen läuft bis 18. Januar 2023.

Beim Trenching wird anstelle eines in Handschachtung oder mit dem Bagger erstellten Grabens ein schmaler Schlitz in die Oberfläche gefräst, um Leerrohre und Glasfaserkabel verlegen zu können. Danach werde der Einschnitt mit einer Füllmasse verschlossen, erläutert das Digitalministerium. Die einzelnen Verfahren würden in Abhängigkeit von der zu realisierenden Schlitz- beziehungsweise Grabenbreite als Nano-, Micro-, Mini- oder Macrotrenching mit einer Tiefe zwischen zwei und 30 Zentimeter sowie nach der verwendeten Schneide- oder Frästechnik unterschieden.

Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) bezeichnete die Veröffentlichung des Entwurfs als "wichtigen Schritt für einen deutlich stärkeren Einsatz moderner Verlegemethoden" und ein "positives Signal" für die in den Glasfaserausbau investierenden Unternehmen. Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren seien "ein zentraler Baustein für einen schnellen und effizienten Glasfaserausbau und damit auch für die Erreichung der Ausbauziele der Bundesregierung". In anderen europäischen Ländern hätten sie sich seit vielen Jahren bewährt.

Mit dem fertigen Standard rechnet der Breko nach den vorausgegangenen "intensiven Verhandlungen" bis zum Frühjahr 2023. Nach diesem könnten sich Tiefbauunternehmen und Bauämter dann bei der Genehmigung und dem Einsatz mindertiefer Verlegeverfahren richten. Ob die "DIN 18220" künftig tatsächlich zur Beschleunigung des Glasfaserausbaus beitrage, hänge neben den konkreten Inhalten "maßgeblich von den Kommunen ab, die den neuen Standard so bald wie möglich in ihren Genehmigungsverfahren berücksichtigen" müssten.

Zugleich erwartet der Verband, dass auch "Teile der Bauindustrie ihre bestehende Blockadehaltung gegenüber diesen Verlegemethoden endlich aufgeben und ihren Beitrag zu einem schnellen, effizienten und ressourcenschonenden Ausbau leisten". Man prüfe nun innerhalb der Einspruchsfrist, ob die Initiative praxistauglich sei.

"Sehr kritisch" bewertet der Breko bereits das angekündigte, aber noch nicht veröffentlichte Merkblatt für die Anwendung von Trenching & Co. der Forschungsgesellschaft Straßen und Verkehrswesen (FGSV). Die darin enthaltenen Empfehlungen stünden im Widerspruch zum Ziel des DIN-Entwurfs, den Einsatz alternativer Verlegeverfahren zu erleichtern. Die Bundesländer müssten daher klare Anweisungen zur Anwendung der Norm und gegen die FGSV-Richtlinien formulieren. Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag lobte im September bei einer Anhörung, dass das beim DIN schon vor zehn Jahren gestartete einschlägige Normierungsverfahren endlich Schwung aufgenommen habe. Einen "dramatischen Beschleunigungseffekt" erwarte er auch von einem fertigen Standard aber nicht.

Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Telco-Verbands VATM, warb zusätzlich für einen Fonds, um potenzielle Schäden bei Trenching an der Straßeninfrastruktur auszugleichen. Bei solchen Verlegetechniken gehe in der Regel zwar auch nicht mehr kaputt als beim konventionellem Buddeln, dennoch könnte ein solcher Finanztopf Bürger- und Baumeistern die Angst nehmen. Aktuell betonte der VATM: "Die Schaffung einer Norm ist auch aus unserer Sicht ein sehr wichtiges Zeichen." Der Standard gebe allen Beteiligten "Orientierung und Regeln".

Update

Die korrekte Bezeichnung DIN 18220 wurde eingefügt.

(mack)