DLD-Konferenz: Ist es nur der Anfang?

Rosarote Nachrichten aus München: Alles wird gut mit dieser Digitalisierung, und das beste ist, dass wir noch ganz am Anfang stehen bei der Mission. "It's only the beginning" einer wundervollen Geschichte?

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DLD

(Bild: dpa, Sven Hoppe/Archiv)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Ein britischer Politiker beschwört den europäischen Binnenmarkt, ein Investor sorgt sich um die Menschen, die durch seine Technik die Jobs verlieren, und als Höhepunkt des Guten und Schönen beschwört Uber-Chef Travis Kalanick, dass es ihm nur Umweltschutz und Jobs geht. Mit rosaroten Brillen beschwörten die Redner der Münchener Internetkonferenz Digital Life Design (DLD) am ersten Tag eine Realität des digitalen Wandels, die nur Gewinner zu kennen scheint. Überall winken Jobs und warten Gelegenheiten für mutige Entrepreneure.

Joe Schoendorf, VC-Investor bei AccelPartner brachte es auf den Punkt, was die Besucher des elften DLD antreibt, als er das Publikum fragte: "Was machen wir mit all den Leuten, deren Jobs wir mit Maschinen und Programmen ersetzen?" Nur um im selben Atemzug strahlend zu verkünden "Sie sind eine wunderbare Marktchance" für die DLD-Revolutionäre, die sich erst am Anfang wähnen. Klar, das massive Eindringen von Ideen aus der KI-Forschung kann eine ebenso massive Arbeitslosigkeit produzieren, doch die "Magie" der Maschinen ist ungebrochen.

Gleich der erste Redner der DLD, der Investor Ben Horowitz von Horowoitz Andreesen (Motto: "Software is eating the World") hielt eine Rede auf die höchste Tugend des Unternehmertums, nämlich die Fähigkeit, unpassende Leute im richtigen Moment zu feuern: "Wer nicht entlassen kann, gehört selbst entlassen". Der Mut, angeblich schlechte Ideen in aller Konsequenz zur Marktreife zu entwickeln, sei wichtiger als alle Statistiken und Excel-Tabellen, so Horowitz in seiner Sonntagspredigt.

Den deutschen Beitrag lieferte Timotheus Höttges von der Deutschen Telekom ab. Während seine Beamten im NSA-Untersuchungsausschuss wirkten, als habe man sie aus einem Austragshäusl geholt, beklagte Höttges lebhaft die Ungerechtigkeit des Marktes, in dem sein Unternehmen mit Facebook und Google konkurrieren müsse, die Kommunikationsdienste anbieten, ohne unter die Regularien für Kommunikations-Dienstleister zu fallen.

Über den Klee lobte Höttges die VC-Abteilung der Telekom und seine Innovation Labs, in denen Milliarden investiert würden. Dennoch gebe es gerade in Deutschland nicht genug Spielraum für Innovationen. Hier verwies Höttges auf die Autobahnmaut-Firma Toll Collect, an der die Telekom Teilhaber ist. Bei Toll Collect würden Daten anfallen, die zur Verkehrslenkung genutzt werden können, was aber durch den deutschen Datenschutz untersagt sei.

Brechend voll wurde das HVB-Forum, als Uber-Chef Travis Kalanick von den Wohltaten berichtete, die Uber für den Umweltschutz und gegen die Arbeitslosigkeit in Europa prognostizierte: 50.000 neue Arbeitsplätze durch intensive, umweltfreundliche Mehrfachnutzung von 400.000 Autos werden die Städte entlasten – wenn veraltete Gesetze zum Schutze der Taxifahrer abgeschafft sind.

Als Kalanick mit Freunden in Paris ein Taxi suchten, entstand die Idee für Uber, die er zunächst nur im Nebenjob verfolgte. Nun habe Uber allein in Paris 3750 Arbeitsplätze geschaffen, die 500.000 Klienten umweltfreundlich transportierten, selbst in Konkurrent zur Metro und zu Gratisfahrrädern. Eine digitale Transformation zur Stadt der Zukunft sei nur mit Diensten wie Uber, UberPool und UberSomeday möglich, verkündete Kalanick und wirkte dabei wie Saulus, der zum Paulus wurde.

Gegenüber der Moderatorin Alina Fichter bekannte Kalanick, diese biblische Geschichte nicht zu kennen. Das Münchener Publikum konnte nur sich über den geläuterten Libertären wundern. Vielleicht ist es gar der Anfang von Ende eines großen Missverständnisses. Zwei Tage hat die DLD noch Zeit, diese Frage zu klären.

(hob)