DVD-Hack: einstweilige Verfügungen beantragt

Die "DVD Copy Control Association" mahnt Website-Betreiber ab, die Informationen zur DVD-Entschlüsselung bereit stellen.

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Von
  • Gerald Himmelein

Eine kalifornische Anwaltskanzlei hat in der Nacht zum 28. Dezember mindestens 40 Website-Betreiber in aller Welt per E-Mail wegen angeblich widerrechtlicher Veröffentlichung geschützter Geschäftsgeheimnisse kontaktiert und gerichtliches Vorgehen angekündigt. Die Juristen aus Menlo Park in Kalifornien setzten ihre E-Mail wortgenau übersetzt in mehreren Sprachen ab – betroffene Webmaster in Deutschland erhielten eine deutsche Fassung.

Die beanstandeten Webseiten bieten Code an, mit dessen Hilfe sich die verschlüsselten Inhalte einer DVD auslesen lassen. Entsprechende Programme umgehen den im DVD-Video-Standard enthaltenen Verschlüsselungsmechanismus und "Kopierschutz" namens CSS (Content Scrambling System).

Die Anwaltskanzlei handelt im Auftrag der in Kalifornien ansässigen DVD Copy Control Association (DVD-CCA). Diese behauptet, die Websites hätten Geschäftsgeheimnisse der DVD-CCA veröffentlicht und diese mit dem Vorsatz verbreitet, Raubkopien von DVD-Videos zu ermöglichen. Insgesamt listet das Dokument 72 URLs auf. Alle dazugehörigen Websites enthalten angeblich illegale Inhalte oder Links, die zu solchen Inhalten führen.

Der DVD-CCA zufolge gefährden die online bereit gestellten Inhalte den Bestand des DVD-Formats und bringen "alle künftigen technischen Innovationen in der Filmindustrie, im Bereich elektronischer Geräte für Einzelverbraucher und in der Computerindustrie zum Stillstand". Darüber hinaus, so die klagende Gesellschaft, hielten die Beschuldigten andere Branchen von einem Vorstoss in neue Formate ab – eine Formulierung, die verdächtig an das von Microsoft beschworene "right to innovate" erinnert.

Dabei besteht der Sinn der auf den Websites befindlichen Programme in erster Linie darin, DVD-Wiedergabe auch auf Betriebssystemen zu ermöglichen, für die es derzeit noch keine DVD-Player gibt - beispielsweise Linux. Besonderer Gegenstand der Kritik seitens der DVD-CCA ist ein Windows-Tool namens DeCSS, das die Datenströme einer DVD-Video entschlüsselt auf die Festplatte kopiert (siehe c't 24/99).

Mit dem Antrag der DVD-CCA auf einstweilige und dauerhafte Unterlassungsverfügung gegen die Website-Betreiber wird sich nun das Landgericht des US-Bundesstaats Kalifornien, Kreis Santa Clara, befassen. Die Vorlage des Antrags ist für den 29. Dezember 1999, 8.30 Uhr morgens angesetzt.

Dieser Fall ist nicht die erste rechtliche Auseinandersetzung, die die Offenlegung der Video-Codes auf DVDs betrifft. Bereits Mitte November hat eine amerikanische Anwaltskanzlei im Auftrag der MPAA (Motion Picture Association of America) ähnliche Abmahnungen verschickt. Auch die Argumentation, die Unterwanderung der schwachen CSS-Verschlüsselung schade der Industrie, ist bereits bekannt: Damit haben die Firmen Matsushita und Victor Anfang Dezember die Verzögerung des DVD-Audio-Formats erklärt. (ghi)