Das große Warten auf den Mac App Store

Voraussichtlich Ende Januar wird der neue Mac App Store für Kunden geöffnet. Ab November sollen Entwickler erste Software einstellen können – wenn sie dabei nicht gegen Apple-Richtlinien verstoßen. Die Erwartungen deutscher Entwickler reichen von "enormes Potenzial" bis "zu restriktiv".

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Von
  • Marcel Magis

Voraussichtlich noch bis Ende Januar muss der potenzielle Kunde warten, bis er sein iTunes-Kennwort zücken und sich im neuen Mac App Store auf Einkaufstour begeben kann. Schon ab November sollen Entwickler ihre Software in den Store einstellen können – wenn sie gegen keine der Richtlinien verstoßen, die Apple auf der Entwickler-Seite veröffentlicht hat.

Mac App Store

Die Vorgaben sind an jene von iTunes Connect für iOS angelehnt und schließen ebenfalls beispielsweise jugendgefährdende Inhalte sowie Test- oder Beta-Versionen aus. Auch den Rückgriff auf Java und die PowerPC-Emulation Rosetta erlaubt Apple nicht. Updates können Entwickler ausschließlich über den Store anbieten, was wie im App Store zu längeren Wartezeiten auf eigentlich dringende neue Versionen mit Fehlerbereinigungen führen kann. Systembedingt finden sich aber auch einige Unterschiede, so dürfen etwa Hintergrundprozesse auf dem Mac uneingeschränkt weiterlaufen.

Die Webseite Ars Technica zitiert einige Entwickler-Reaktionen. Als "zu restriktiv" bezeichnet Paul Kafasis von Rogue Amoeba die Politik Apples. Jonathan Rentzsch von Red Shed sieht Probleme bei der Kundenunterstützung, denn die Entwickler stünden nicht mehr im direkten Kontakt mit den Anwendern, die Kontaktdaten habe Apple allein. Einige Entwickler kritisieren auch den Anteil am Umsatz, den Apple einbehält. Steve Jobs hatte jüngst eine Provision von 30 Prozent angekündigt. De fakto behält das Unternehmen beim derzeitigen iOS App Store sogar mehr ein, je nach Währung und Preisstufe zwischen 30 Prozent (USA) und 39,5 Prozent (u. a. Deutschland). Ob es solche Unterschiede auch beim Mac App Store geben wird, steht noch nicht fest. Gus Mueller von Flying Meats ist das jedenfalls "ein bisschen zu viel". Andere verweisen auf weitaus höhere Händlerabgaben, die sie in klassischen Verkaufskanälen einräumen müssen.

Bei von heise online befragten deutschen Entwicklern zeigt sich ein differenzierteres Bild. Die Apple-Vorgaben seien kein großes Ding, meint Thorsten Lemke, Hersteller des GraphicConverter . Er begrüßt vor allem den Wegfall von Formalitäten wie zum Beispiel beim Versand an Bildungseinrichtungen in Amerika.
Dominik Wagner von TheCodingMonkeys (SubEthaEdit ) findet den Mac App Store "spannend und überfällig". Er hofft allerdings, dass Apple den bisherigen klassischen Software-Verkauf nicht irgendwann schließt: "Zuzutrauen ist es ihnen."

Markus Fest, Geschäftsführer von Elgato (u. a. EyeTV ) erklärt: "Wir denken auch, dass die Regeln etwas zu restriktiv sind, allerdings hat der iOS App Store ja gezeigt, dass Apple durchaus zu sinnvollen Änderungen bereit ist. Der Mac OS X App Store wird unsere Ansicht nach zu einem Umbruch im Mac-Software-Markt führen. Wir gehen davon aus, dass mittelfristig der Löwenanteil aller Mac-Software-Produkte über den App Store verkauft werden wird. Für die meisten Entwickler wird sich der Aufbau einer zweiten Vertriebsstruktur gar nicht mehr rechnen. Insbesondere für kleinere Entwickler mit einer guten Idee ist das eine Riesenchance."

Till Schadde, Vorstand von Equinux schätzt das Potenzial als "enorm" ein: "Aktuell hat kein Mac-Entwicklungshaus wirklich richtigen Zugang zu all den Neukunden, die tagtäglich auf die Plattform strömen. Diese Zielgruppe, meist als Switcher bezeichnet, kennt maximal das Office-Paket von Microsoft oder bekommt vom Händler beim Kauf ein VMWare für die Windows-Nutzung mit dazu. Da diese Leute nach unseren Erkenntnissen bisher gar nicht wirklich wissen, wo man am besten Mac-Software einkauft, sind sie als Kunden für uns so gut wie unerschlossen." Er sieht aber auch Risiken: "Apple ist eine Art Mit-Publisher mit seinem eigenen Geschmack und auch Launen. Das macht das Leben nicht einfacher, sondern komplexer und man verheddert sich schlimmstenfalls oder verliert viel Zeit mit Diskussionen."

Schadde sagt, die eigene Registrierung von Kunden sei fortan verboten, und findet das problematisch, zieht aber das Fazit: "Die Regeln sind aktuell für uns okay: Wer seine Software nach Apples Regelwerk entwickeln kann oder will, kann den App Store nutzen, wer es nicht kann, verbreitet seine Software konventionell. Jeder hat die freie Wahl, Apple zwingt einen ja nicht. Problematisch könnte es allerdings werden, wenn der AppStore in Lion nur eine Trockenübung ist, um die freie Verbreitung von Apps in Snow Lion dann ganz einzustellen." (mmag)