Das überschwemmte Treibhaus

Großbritannien erlebt derzeit Rekordniederschläge, passend zum warmen November

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Die britischen Inseln erleben gerade die "nassesten Tage ihrer Geschichte", schreibt BBC, der öffentliche Rundfunk- und Fernsehsender, auf seiner Internetseite. In Schottland, Nordengland, Teilen Irlands und in Wales haben lang anhaltende Regenfälle viele Flüsse und Bäche über die Ufer treten lassen. Zahlreiche Häuser wurden beschädigt, mindestens eine Brücke wurde weggerissen.

Am schlimmsten betroffen war am Freitag die Grafschaft Cumbria im äußersten Nordwesten Englands, wo ein Todesopfer zu beklagen war. In der dortigen Ortschaft Seathwaite Farm wurden innerhalb 24 Stunden 314.4 Millimeter Niederschlag registriert, was für hiesige Breiten ziemlich rekordverdächtig ist. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) belief sich die größte hierzulande je in einem 24-Stunden-Intervall gemessene Nierderschlagsmenge auf 312 Millimeter. Registriert wurde sie vom 12. auf den 13. August 2002 in Zinnwald im Osterzgebirge und trug dort seinerzeit zum Jahrhunderthochwasser an der Elbe und ihren Nebenflüssen bei.

So richtig unerwartet kommen die starken Niederschläge allerdings nicht. Die derzeitig ungewöhnlich hohen Temperaturen in Westeuropa und – in diesem Falle wichtiger – über den benachbarten Regionen des Nordatlantiks bedeuten zum einen, dass die Luft mehr Wasser aufnehmen kann. Dadurch werden die Niederschläge ergiebiger. Zum anderen bedeuten hohe Temperaturen auch, dass die sich über dem Nordatlantik formenden Tiefdruckgebiete und die mit ihnen verbundenen Winde besonders intensiv ausfallen. Aktuell hier zu bewundern.

Das hat vor allem zwei Gründe: Erstens gilt, je mehr Wasserdampf in der Luft ist, desto mehr kann dieser, wenn er kondensiert den Auftrieb und damit die Winde verstärken. Er setzt nämlich beim Kondensieren Wärme frei, die der Luft umgebenden zugeführt wird und die wiederum dadurch stärker nach oben strebt. Zweitens ist eine weitere Antriebskraft der westlichen Winde über dem Nordatlantik der Temperaturgegensatz zwischen Nord und Süd. Je stärker der ausfällt, desto heftiger werden auch die Stürme.

Mit anderen Worten: All jene, die meinen, globale Erwärmung könne für hiesige Breiten nur schöneres Wetter bedeuten, sind ziemlich auf dem Holzweg. Sie können sich schon mal auf ein paar sehr unangenehme Unwetter, teurer werdende Versicherungspolicen und vermehrte staatliche Ausgaben für Katastrophenschutz einstellen. Die anderen leider auch, denn noch ist kein politisches Mittel gefunden, mit dem man die zu erwartenden Belastungen auf die Klimaschutzverhinderer und -verzögerer umlegen könnte.