Datenschützer: TK-Überwachung muss generell auf den Prüfstand

Nach dem Karlsruher Lauschurteil fordern Bürgerrechtler sowie liberale und linke Politiker ein Umdenken bei der Sicherheitspolitik und ein Beschneiden des "Wildwuchses" bei der Bespitzelung.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nachdem das Bundesverfassungsgericht am gestrigen Mittwoch Regelungen zum vorbeugenden Abhören im niedersächsischen Polizeigesetz für nichtig erklärte, hat eine heftige Diskussion über die Auswirkungen des Grundsatzurteils eingesetzt. Auf der Schwarzen Liste von Datenschützern sowie liberalen und linken Politikern stehen nicht nur Polizei- und Verfassungsschutzgesetze der Länder, sondern etwa auch die allgemeinen Regelungen zum Telefonabhören für das Zollkriminalamt oder für die Polizei in der Strafprozessordnung (StPO). "Wir setzen uns dafür ein, dass Deutschland nicht Abhörweltmeister bleibt", plädieren die Grünen in Berlin für Einschränkungen. Es gelte, "Wildwuchs zu beschneiden", befindet auch der FDP-Innenpolitiker Max Stadler. Seine Parteikollegin und Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert ein "Umdenken" von Politik und Polizei. Die Telefonüberwachung habe mit über 30.000 Maßnahmen hierzulande in 2004 "wahnsinnige Ausmaße angenommen".

Angesichts der vielen aufgeworfenen Fragen sprach c't aktuell mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar über die Folgen des Urteils. Er sieht die Notwendigkeit, die Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung gemäß der StPO einer kritischen Überprüfung im Lichte der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu unterziehen. Dies betreffe einerseits den "weitgehenden Straftatenkatalog", andererseits die Regelungen zur "Vernichtung und Nichtverwertung" der anfallenden Dokumente. Fraglich und verfassungsgerichtlich zu überprüfen sei zudem ein möglicher Beschluss zur Einführung einer Pflicht zur Speicherung von Verbindungs- und Standortdaten im Telekommunikationsbereich. Auch die als Kompromisslinie ins Spiel gebrachte halbjährige Speicherung von Internetdaten bezeichnete der Bundesdatenschutzbeauftragte insbesondere bei Flatrates als "erheblichen Grundrechtseingriff".

Das gesamte Interview mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar zu den weit reichenden Folgen des Karlsruher Lauschurteils etwa auf die Brüsseler Pläne zur pauschalen Speicherung von Telefon- und Internetdaten bringt c't aktuell: (jk)