Datenschützer sehen Anti-Terror-Datei äußerst kritisch

Schwerpunkte der 72. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder ab dem morgigen Donnerstag sind die innere Sicherheit, Planungen für eine bundesweite Schülerdatei sowie Datenschutz und Technik.

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  • dpa

Datenschützer haben gegen die vom Bund geplante Erweiterung der Anti-Terror-Gesetze und die Einführung einer Anti-Terror-Datei in Deutschland erhebliche Bedenken. "Es ist besonders fraglich, wenn unter dem Oberbegriff Terrorabwehr riesige Datenmengen ohne konkreten Verdacht und auf lange Zeit auf Vorrat gesammelt werden und staatliche Behörden jederzeit zugreifen können", sagte Sachsen-Anhalts Datenschutzbeauftragter Harald von Bose in einem dpa-Gespräch. Er befürchte zudem, dass die strikte Trennung von Polizei und Geheimdiensten immer mehr aufgeweicht werde.

Bose kritisierte dabei auch die EU-Regelung, wonach ab 2007 alle Verbindungsdaten für Telekommunikation mindestens sechs Monate gespeichert werden sollen. Bisher geschehe dies für maximal 90 Tage und nur für Abrechnungszwecke. "Da wird künftig viel mehr vom Staat überwacht. Der unbescholtene Bürger wird zum Risikofaktor, auch wenn er keinen Anlass dafür gibt. Das kann jeden treffen", sagte von Bose. Am morgigen Donnerstag beginnt in Naumburg die 72. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Schwerpunkte der zweitägigen Beratungen sind die innere Sicherheit, Planungen für eine bundesweite Schülerdatei sowie Datenschutz und Technik.

"Terrorabwehr muss sein, aber es ist zum Schutz der Bürgerrechte nötig, bevor eine massenhafte Ansammlung von Daten auf Verdacht entsteht, genauestens und wissenschaftlich begleitet zu prüfen, ob nicht auch vorhandene Gesetze ausreichen. Da sehe ich Reserven", sagte von Bose. In der Anti-Terror-Datei sollen die an unterschiedlichen Stellen vorhandenen Informationen zusammengeführt sowie Polizei und Geheimdiensten zugänglich gemacht werden.

Die Datei beim Bundeskriminalamt (BKA) soll Unterstützer terroristischer Vereinigungen sowie gewaltbereite Extremisten erfassen, "aber eben auch jegliche Kontaktpersonen", erklärte von Bose. Damit bestehe die Gefahr, dass auch nicht verdächtige Menschen erfasst werden. "Das kann ein Student sein, der in einer Wohngemeinschaft mit einer möglicherweise der Terrorszene zuzurechnenden Personen zusammenlebt", warnte von Bose.

Durch das ebenfalls von der Bundesregierung vorgelegte "Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz" sollen die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 befristet erlassenen Anti-Terror- Gesetze nochmals befristet verlängert und erweitert werden. Die Geheimdienste sollen mehr Befugnisse erhalten, Auskünfte über Flugdaten und Telefonverbindungen erleichtert werden. Von Bose sprach sich angesichts der Diskussion um Gefahren durch Attentate mit Hilfe von Kofferbomben gegen eine flächendeckende Videoüberwachung von öffentlichen Räumen aus. "Damit verhindern wir die Taten nicht, wir können sie damit allenfalls nur besser aufklären".

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(dpa) / (jk)