Datenschutzbeauftragter vergleicht Finanzkrise mit drohender Datenschutzkrise

"In beiden Fällen kommt es darauf an, dass Vertrauen da ist", warnte Peter Schaar. Ein Vertrauensverlust gehe dagegen mit einem Stopp der Finanz- beziehungsweise Datenströme einher.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 22 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die Fortentwicklung globaler Datenschutzstandards nannte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, die derzeit wichtigste Aufgabe für die in den kommenden drei Tagen in Straßburg tagenden Datenschutzbeauftragten aus aller Welt. "Datenschutz in einer Welt ohne Grenzen" lautet das Motto der dreißigsten Ausgabe der International Conference for Data Protection and Privacy Commissioners, die von Schaar und der französischen Datenschutzbehörde Commission Nationale de l'Informatique et des Libertés (CNIL) gemeinsam organisiert wurde. Schaar verglich zum Auftakt die grassierende Finanzkrise mit der Situation im Datenschutz. "In beiden Fällen kommt es darauf an, dass Vertrauen da ist", warnte Schaar. Ein Vertrauensverlust gehe dagegen mit einem Stopp der Finanz- beziehungsweise Datenströme einher.

"Es gibt Parallelen, die bis ins Einzelne gehen," sagte Schaar. Finanzielle Transaktionen seien risikobehaftet und man versuche, sich des Risikos dadurch zu entledigen, dass man vertrauenswürdige Dritte mit der Abwicklung beauftragt. Zertifikate seien der Ausdruck dieser Vertrauensdelegation. Dem sei die Übergabe persönlicher Daten an einen Dienstleister vergleichbar, sagte Schaar. Wer seine Daten preisgebe, müsse darauf vertrauen, dass der, der sie erhalte, genauso wie der, der sie weitervermittelt bekomme, oder der, der sie – etwa in einem Rechenzentrum – als Dienstleister verarbeite, vertrauenswürdig sei. Wenn sich das Vertrauen nicht bestätige und die "Vertrauenskaskade" zusammenbreche, könne das fatale Konsequenzen für die Informationsgesellschaft haben. Denn diese sei auf die Datenströme angewiesen.

Im Finanzsektor bedurfte es erst einmal eines Zusammenbruchs, um die Aufmerksamkeit auf notwendige Weichenstellungen zu richten, meinte Schaar. Um einen Vertrauensverlust in der Informationsgesellschaft zu vermeiden, sei es daher zentral, schon im Vorfeld solcher Verwerfungen zu verbindlichen Regeln zu kommen. "Wir sind dabei weltweit nicht so erfolgreich wie wir es uns wünschen würden", betonte Schaar. Er begrüßte die Einladung des Europarats an Regierungen in aller Welt, dem Europaratsübereinkommen 108 zum "Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten" beizutreten.

Die Vizepräsidentin des Europarates, Maud de Boer-Buquicchio, nannte als Gastgeberin der Konferenz den Schutz persönlicher Daten und des privaten Lebens in den Zeiten der Terrorismusbekämpfung eine der zentralen aktuellen Herausforderungen. "Der Europarat hat wiederholt klargemacht, dass der Kampf gegen den Terrorismus notwendig ist, dabei aber das Privatleben geschützt werden muss." In einer Reihe von Fällen gebe es allerdings Fragen zur Vereinbarkeit von Anti-Terrorismusmaßnahmen mit dem Datenschutz, betonte de Boer-Buquicchio. Sie nannte konkret das US-EU Abkommen zum Austausch von Flugpassagier-Daten und auch den Zugriff von US-Behörden auf die SWIFT-Daten. Zwar sei das Zustandekommen des Flugpassagierdatenabkommens unter den gegebenen Umständen nachvollziehbar, doch müsse die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen überprüfbar sein. Auch müsse sichergestellt werden, dass europäische Bürger ihre Rechte ihrerseits geltend machen könnten. (Monika Ermert) / (jk)