Der Mond entsteht im Computer-Experiment

Neue Computer-Simulationen zeigen, wie der Mond entstanden sein könnte: in einer gewaltigen Kollision der Erde mit einem anderen Planeten.

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Von
  • Thorsten Dambeck

Vor 4,5 Milliarden Jahren, als sich die letzten Gesteinsbrocken zur Erde zusammengefügt hatten, kollidierte ein Planet mit der jungen Erde. Der kosmische Impaktor, der etwa einen Zehntel ihrer Masse hatte, wurde bei der Katastrophe völlig aufgerieben. Hundert Millionen Mal heftiger als der für die Saurier tödliche Zusammenstoß mit einen Kleinplaneten war dieses Ereignis, das einzigartig in der Erdgeschichte blieb. Doch aus den Trümmern des Irrläufers und dem aus der Erde geschleuderten Material konnte sich später der Erd-Mond formieren.

Was klingt wie der Anfang eines Sciencefiction-Märchens ist die Giant-Impact-Theorie der Mondentstehung, für die die US-Forscher Robin Canup und Eric Asphaug mit Computer-Simulationen neue Indizien zusammengetragen haben. Ihre Ergebnisse sind in der neusten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins nature veröffentlicht. Mit der Arbeit ist es ihnen erstmals gelungen, eine konsistente Beschreibung des heutigen Erde-Mond-Systems auf Basis der Einschlagtheorie zu formulieren.

Mittlerweile genießt die Impakt-Theorie weit verbreitete Unterstützung in der Planetologen-Zunft. "Unser Modell ist das wahrscheinlichste Impakt-Szenario, da es mit einer einzelnen Kollision auskommt und kaum weitere Modifikationen des Erde-Mond-Systems nach der Mondentstehung benötigt", erklärt Robin Canup, vom Southwest Research Institut in Colorado, die seit Jahren die Bildung von Körpern im frühen Planetensystem untersucht. Grundlage der Simulationsrechnungen ist das "smoothed particle hydrodynamics"-Modell, das Wissenschaftler zur Berechnung von Kollisionen planetarer Körper einsetzen.

Um einen solchen Vorgang zu simulieren, müssen die hohe Hitzeentwicklung und die Phasenübergänge des Auswurfmaterials berücksichtigt werden. Dazu kommt die Eigenschwerkraft der Trümmer. In den jetzt veröffentlichten Computer-Simulationen wurde das planetare Material durch 20.000 individuelle "Teilchen" repräsentiert, deren Bewegung in jedem Zeitschritt der Simulation verfolgt wurde. Canup und Asphaug konnten zeigen, dass die Besonderheiten des Erde-Mond-Systems, wie zum Beispiel die Massenverteilung und die Drehimpulse der beiden Körper, mit einem einzelnen Kollisionsereignis erklärt werden können.

Bereits die Zusammensetzung des mitgebrachten Mondgesteins der Apollo-Astronauten hatte Hinweise auf die Katastrophe geliefert. Die Brocken waren weitgehend ihrer leicht flüchtigen chemischen Bestandteile beraubt, als wären die Mineralien einer intensiven Hitze ausgesetzt worden. Darüber hinaus ist die niedrige Dichte des Erdbegleiters auffällig, die auf einen sehr geringen Eisenanteil an der Gesamtmasse hindeutet. Doch die "Giant-Impact"-Theorie weiß auch hier Rat: Der Impaktor von der Größe des Mars soll die Erde nicht zentral, sondern eher am Rand getroffen haben. So wurde bevorzugt eisenarmes Gesteinsmaterial aus dem Erdmantel in die Erdumlaufbahn katapultiert. (thd)