Der gute Ton am VoIP-Telefon

Das Startup Akustica tritt mit einem Single-Chip-Mikrofon an, die Sprachqualität in PCs und Notebooks drastisch zu verbessern. Beim Erfurter Halbleiterspezialisten Xfab ist die Serienfertigung gerade angelaufen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Erich Bonnert

Wenige elektronische Geräte sind in ihrem Aufbau über Jahrzehnte hinweg so wenig verändert worden wie das Mikrofon. Heute gebräuchliche Elektret-Kondensatormikrofone arbeiten noch immer nach einem lange schon bekannten Prinzip: Schall bringt eine Membran zum Schwingen, dadurch verändert sich die die Kapazität des Kondensators, der durch Membran und eine Metallplatte gebildet wird. Dies resultiert in Spannungsschwankungen und damit einem elektrischen Signal.

Mikrofon-Chips sind zwar schon seit geraumer Zeit auf dem Markt, aber ihre Leistung lässt noch deutlich zu wünschen übrig. Klangqualität und -genauigkeit können je nach Größe und Produktionsverfahren beträchtlich variieren. Störende Funkwellen und elektrostatisches Rauschen beeinträchtigen den Klang ebenso wie akustische Nebengeräusche. Häufige Handy-Telefonierer und Voice-over-IP-Nutzer können davon ein Lied singen. Selbst mit modernsten integrierten Schaltungen sind bisher mindestens vier separate Komponenten nötig: Sensor mit Membran, Verstärker, Analog-Digital-Wandler. Beim Einbau in Laptops müssen sie zudem nahe der Hauptplatine platziert und mit abgeschirmten Kabeln verbunden werden. Das macht ihren Einsatz unflexibel und aufwendig.

Das Startup-Unternehmen Akustica beginnt nun mit der Vermarktung eines radikal neuen Verfahrens. Durch die Kombination von integrierten Halbleitern und MEMS-Elementen (mikro-elektromechanische Systeme) sind dabei erstmals alle Mikrofonkomponenten auf einem einzigen Chip vereinigt. Auch die MEMS-Mikrofone basieren auf einer winzigen Metallmembran. Allerdings ist diese rund zehnmal kleiner als bei herkömmlichen Produkten und sehr kostengünstig herzustellen. Auch die Verstärkung und Umwandlung der Analog- in Digitalsignale ist mit integriert. Aufgrund der kurzen Distanzen sind sie gut isoliert gegen Störeinflüsse. Damit sind sie praktisch immun gegen jegliche externe Störquellen durch Funk- oder elektromagnetische Wellen.

Die Integration von MEMS mit Mikrochips wurde an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh entwickelt. Alle Patente liegen bei der Elitehochschule, doch Ken Gabriel – ein früherer Carnegie-Professor und Pionier der MEMS-Forschung – hat sich mit seiner vor gut vier Jahren gegründeten Firma Akustica die Verwertungsrechte gesichert. In dem ostdeutschen Halbleiterspezialisten Xfab aus Erfurt hat er einen Produktionspartner gefunden, der die Mikrofone zum Preis von deutlich unter vier Euro (bei Abnahmemegen ab 1000 Stück) herstellen will. Die Serienfertigung ist gerade angelaufen.

Etwas überraschend lässt Akustica dabei den Massenmarkt Handy zunächst völlig außen vor. Stattdessen will das Startup seine Mikrofone zunächst als festen Bestandteil von Notebook- und Tablet-Computern etablieren. Der Grund: Gabriel und sein Partner Jim Rock glauben, eine Lawine von mobilen VoIP-Telefonierern auslösen zu können. "Was den echten Durchbruch der Internet-Telefonie am meisten behindert, ist die unzuverlässige Sprachqualität", erklärt Rock. Bei den meisten Anwendern bleibe es bei einer sporadischen Nutzung, da sie der VoIP-Qualität nicht voll vertrauen. Gestützt auf eine Gartner-Analyse glaubt Rock, dass VoIP-Dienste in den nächsten Jahren Millionen von mobilen Computer-Anwendern gewinnen werden, wenn die Sprachverständlichkeit gewährleistet ist. Aufgrund der geringen Kosten werden Notebook-Hersteller mehrere Mikrofone rund um das Display einbauen, glaubt Rock. Sie sind damit nicht nur näher am Mund des Sprechers positioniert, sondern auch von der rotierenden Festplatte und anderen Geräusch- und Störquellen isoliert. Die Spracheingabe wird damit präziser, Hintergrundgeräusche heben sich durch geschicktes Design gegenseitig auf, erklärt der Unternehmer.

Neben dem bekanntesten Anbieter Skype und den Internet-Riesen Google und MSN zählt Rock auch den österreichischen Dienst Jajah, der jetzt in den USA verfügbar ist, zu seinen Favoriten. Den Handy-Markt will Akustica in einer späteren Phase angehen, wenn die MEMS-Produkte auf der Preiskurve noch weiter nach unten gewandert sind. Ein großes Potenzial versprechen aber auch die Produzenten von Digitalkameras und andere Unterhaltungselektronik. (Erich Bonnert) / (jk)