Deutsche Apotheker gegen Internet-Pharmazie

Eine niederländische Internet-Apotheke will auch den deutschen Markt versorgen. Der deutsche Apothekerverband sieht dadurch die Arzneimittelsicherheit gefährdet.

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In den Niederlanden hat mit 0800DocMorris die erste Internet-Apotheke ihre Pforten geöffnet. Deren Absichtserklärung, auch nach Deutschland Arzneimittel liefern zu wollen, nahm die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zum Anlass, ihre Warnung vor dem Internethandel mit Medikamenten zu bekräftigen. ABDA-Chef Hans-Günther Friese befürchtet, dass die Kontrolle der Produkte bei diesem Versandweg nicht gewährleistet und daher die Arzneimittelsicherheit hierzulande gefährdet sei.

ABDA-Sprecher Elmar Esser betonte gegenüber c't, dass der Versand apothekenpflichtiger Medikamente in Deutschland seit 1998 verboten sei. Dies gelte auch für ausländische Anbieter. Gegen eine Zulassung dieser Vertriebsart wehrt sich die ABDA it der Begründung, dass die Qualitätssicherung und die Seriosität bei Internet-Anbietern nicht so leicht zu kontrollieren sei.

Zudem sieht Esser die Apotheken-Struktur in Deutschland massiv durch Internet-Pharmazeuten gefährdet, da sich diese insbesondere das lukrative hochpreisige Marktsegment herauspicken würden. Konventionelle Apotheken in Deutschland seien jedoch verpflichtet, eine Grundversorgung – auch mit billigeren Medikamenten – zu sichern sowie Notfalldienste bereitzustellen. Diese Leistungen könnten die Apotheken nur bieten, wenn ihnen das Geschäft mit den teuren Medikamenten als Ausgleich erhalten bliebe. Weitere Gefahren liegen nach Ansicht des Apothekerverbands darin, dass in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimittel importiert oder rezeptpflichtige ohne entsprechendes Rezept abgegeben würden. Es sei auch zweifelhaft, dass die Online-Händler kompetente Beratung anbieten würden.

Der Bundesverband der AOK und der BKK-Bundesverband sehen das anders. Wolfgang Kaesbach, Leiter der Arzneimittelabteilung beim BKK-Bundesverband, sprach sich gegenüber c't für eine Lockerung des Verbots aus und könnte sich auch vorstellen, künftig mit seriösen Internet-Apotheken ähnliche Regelungen über die Kostenerstattung zu treffen wie mit den niedergelassenen Apotheken. Diese Haltung kommt nicht sonderlich überraschend, da die Kassen von einer potenziellen Einsparung durch den Internet-Handel am meisten profitieren würden. Für den Patienten hingegen würde sich die elektronische Alternative derzeit allenfalls bei Arzneimitteln lohnen, die die Kasse nicht erstattet, da er die Versandkosten selbst bezahlen müsste.

Der Apothekerverband bestreitet sogar, dass der neue Vertriebsweg wirklich Einsparungen bringen würde. Nach einer Studie der ABDA in Zusammenarbeit mit dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller liegt Deutschland im europäischen Vergleich im unteren Drittel. Im Gegensatz zu den USA, wo etwa 12 Prozent der Medikamente übers Internet gekauft werden, seien in Deutschland die Preise seit 1992 mit einer Zuwachsrate von drei Prozent vergleichsweise stabil geblieben. Die USA hingegen verzeichneten nach Auskunft der ABDA eine Steigerung von 15 Prozent. (atr)