Deutsche Welle streitet um dw.com

Die Deutsche Welle macht sich daran, "ihre" Domains einzusammeln, und verlangt von einem US-Unternehmen die Herausgabe von "dw.com".

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Von
  • Monika Ermert
  • Christian Rabanus

Die Deutsche Welle macht sich daran, "ihre" Domains einzusammeln. "Dwelle.de ist für uns ja wirklich nicht so der Knaller", begründete Guido Baumhauer, Online-Chef der Deutschen Welle, die Initiative des Senders. Mit den Inhabern der Domains deutsche-welle.de und deutschewelle.de sei man sich schon einig. Auch unter Namen mit dw-radio und dw-tv ist das Angebot der Deutschen Welle erreichbar. Nun soll es der US-amerikanischen Audio-Software-Firma DiamondWare an den Kragen gehen. Dw.com steht nämlich als nächstes auf der Wunschliste der öffentlich-rechltichen Funker. Sie strengen deshalb ein Schlichtungs-Verfahren (Unified Dispute Resolution Procedure, UDRP) bei der World Intellectual Property Organization (WIPO) an.

Fast 2000 Fälle – an den Kosten für das Verfahren müssen sich übrigens beide Seiten beteiligen – haben die WIPO und die anderen von der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) ausgewählten Organisationen seit dem Start Anfang des Jahres an ihre Schlichter verteilt. Nur einmal wurde auf die Schlichtung zugunsten eines Gerichtsverfahrens verzichtet, in knapp tausend Fällen entschieden die Schlichter für die Herausgabe der Domain. Nur in etwas mehr als 250 Verfahren durften die ursprünglichen Besitzer die Domains anschließend weiter nutzen. Viele Einzelfälle umfassen mehrere Domainbeschwerden. Spitzenreiter ist der PC-Hersteller Dell mit einer Wunschliste über 120 Domainübertragungen: buy-dell.com hätten sie gerne, dellfilm.com, wapdell.com und viele andere. Viele Forderungen sind einleuchtend, aber manchmal beschleicht den Beobachter doch auch der Verdacht, dass die Aussage von Domainexpertin Ellen Rony über den "Domain-Neid" der großen Konzerne durchaus zutreffen könnte. Denn allzu groß dürfte die Gefahr einer Verwechslung bei guinness-beer-really-really-really-sucks.com mit dem Dubliner Malzbierabfüller nicht sein.

Auch die Deutsche Welle benutzt bereits dw.org, ganz im Einklang mit dem leider lange vergessenen RFC 1591, der org-Domains für "andere Institutionen" vorsieht. Das dw.com-Verfahren betreibe man nun vor allem auch deshalb, weil man nicht mehr für die Pressemitteilungen von DiamondWare gerade stehen wolle. Eine große Zahl Surfer assoziierten dw.com mit der Deutschen Welle, meint Baumhauer zu wissen. "Viele User fragen auch, warum die Deutsche Welle nicht unter dw.com zu erreichen ist." Natürlich besitze der in 31 Ländern aktive Sender auch ein weltweites Markenrecht, "nicht nur für den Medienbereich", wie der Online-Chef betonte. Außerdem nutze DiamondWare ja neben dw.com auch noch diamondware.com.

Keith Weiner, Chef von DiamondWare, hält allerdings dagegen: "Ich glaube, unser Anspruch ist so stark, wie er in einem solchen Verfahren für uns als Betroffener überhaupt sein kann. Wir nutzen die Domain seit 1994 und wir können das mit Verträgen, Veröffentlichungen, von uns geschalteten Anzeigen, Flyern und Visitenkarten, T-Shirts, E-Mails und Server Logfiles belegen." Böswilligkeit – "bad faith", beim UDRP eine der notwendigen Bedingungen für die Aussicht auf eine erfolgreiche Forderung nach einer Domainübertragung – könne ihm keiner vorwerfen. Seit Jahr und Tag werde die Software des Unternehmens über die Seite vertrieben. Niemals habe man versucht die Domain an irgendjemanden zu verkaufen. Und auch markenrechtlich fühlt sich Weiner auf der sicheren Seite: "Wir beanspruchen eine allgemeine Marke in den USA und international für DW und DiamondWare." Ein Unternehmen wie die Deutsche Welle hätte sich in den vergangenen Jahren laufend über die Nutzung der Domain durch DiamondWare informieren können – Böswilligkeit bei der Registrierung und beim Betrieb sei dem Unternehmen nicht nachzuweisen. Weiner hält das Verfahren für einen Versuch von Domain-Name-Hijacking, Baumhauer hält dagegen den Anspruch der Welle für gerechtfertigt und sieht die Sache "sportiv".

Im Stil von Dell will die Deutsche Welle aber nicht weitermachen, denn mit den über 120 Domains, die der Computerbauer haben will, sind die Möglichkeiten für weitere Dell-Domains noch lange nicht erschöpft. "Wapdell.com ist vergeben", wirbt der Suchrobot von Network Solutions. "Mybuy-dell.com, buy-dellonline-com, e-buy-dell.com und buy-dellcentral.com sind noch zu haben." Unabhängig vom Ausgang des Schlichtungsverfahrens ist auch dw.com nicht mehr zu haben. Network Solutions stellt aber sogar einen "NameFetcher" bereit, der aus ein paar Schlüsselbegriffen eine Liste der "perfekten Namen" generiert. Nach der Eingabe von "dw", "online" und "e" erhält man eine stattliche Liste toller Namen wie online-dw.com und e-dw.org, "wählen sie so viele, wie sie haben möchten." (Monika Ermert)/ (chr)