Deutschland auf großen Stromausfall nicht vorbereitet, sagen Versicherer

Nur wenige Menschen seien für einen längeren Blackout präpariert, meint der Gesamtverband der Versicherer. Das gelte auch für Behörden und Unternehmen.

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Stromausfall in einer Winternacht in einem verschlossenen Kellerraum ohne Kerzen und Zündhölzer mit verbundenen Augen.

(Bild: heise online)

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Die Menschen in Deutschland haben für den Fall eines langanhaltenden flächendeckenden Stromausfalls schlecht vorgesorgt. Das meint der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV). Er beruft sich unter anderem auf Wolfram Geier, Abteilungsleiter für Risikomanagement und Internationale Angelegenheiten im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), laut dem ein Blackout aktuell "zu den größten Risiken für unser Land" gehöre.

"Für zehn bis 14 Tage sollte man vorsorgen, das Nötigste im Haus haben und ohne Hilfe Dritter auskommen können", rät Geier. Dazu sollten ausreichend Trinkwasser, ein batteriebetriebenes Radio, Kerzen, ein Gaskocher und Konserven gehören. Auch ein Vorrat an benötigten Medikamenten, ein Feuerlöscher und ein Erste-Hilfe-Set wären gut. Wichtige Dokumente sollten in einer Mappe gesammelt und stets griffbereit sein, rät das BBK.

"Die Mehrheit der Gesellschaft tut nichts", sagt Geier. Auch Menschen, die schon einmal einen Blackout erlebt hätten, änderten kaum ihr Verhalten. Ebenso seien Unternehmen oder die öffentliche Hand nicht gut auf einen längeren Stromausfall vorbereitet, vor allem Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. "Nicht jede Polizeidienststelle, Feuerwache, Rettungswache und jedes Landratsamt hat eine Notstromversorgung, die diesen Namen verdient", ergänzt der ehemalige THW-Präsident Albrecht Broemme.

Das Szenario eines Stromausfalls sei nicht abwegig, meint der GDV. Die Energiewende bedeute für die Energieversorger und Netzbetreiber einen permanenten Stresstest. Während die Stromproduktion von Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken flexibel und exakt steuerbar sei, seien Wind- und Solarstrom schwankungsanfällig. Das gelte besonders an windstillen, wolkenverhangenen Tagen im Winter, aber auch, wenn beispielsweise kräftiger Seewind in den Offshore-Anlagen zu mehr Stromproduktion führt, als vor Ort verbraucht werden kann.

Um Extremsituationen ausgleichen zu können, bräuchte Deutschland mehr Stromautobahnen von Nord nach Süd, doch deren Bau komme seit Jahren nur schleppend voran, meint der GDV. Auch Stromspeicher können helfen, einen vorübergehenden Strommangel oder Blackout abzupuffern, doch auch davon gebe es nicht genug.

Dabei sei die Situation schon fragil genug, meint der GDV. Laut Broemme seien Cyberangriffe die größte Gefahr fürs Stromnetz. Dazu kommen Terroranschläge, Extremwetterereignisse und internationale Unwägbarkeiten.

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Hier erwähnt der GDV eine Störung in einem Umspannwerk in Kroatien am 8. Januar 2021. Zu dem Zeitpunkt sei es in einigen Teilen Europas extrem kalt und der Heizstromverbrauch hoch gewesen, während anderenorts feiertagsbedingt nur wenig Energie konsumiert wurde. Nur durch die Notabschaltung von Industrieanlagen in Italien und Frankreich habe ein Zusammenbruch verhindert werden können.

Zu länger anhaltenden großen Stromausfällen ist es in der Bundesrepublik bisher nicht gekommen. Schon kürzere Vorfälle geben einen Einblick in mögliche Konsequenzen. Als im vergangenen Januar in Berlin für drei Minuten der Strom ausfiel, wurde ein Heizkraftwerk lahmgelegt, 90.000 Haushalte blieben stundenlang ohne Wärmeversorgung.

(anw)