Deutschland drängt auf EU-weite Verfolgung und Überwachung von Fahrzeugen

Die Polizei soll Autofahrer nach einem Grenzübertritt in der EU einfacher beschatten dürfen. Das wollen Deutschland, Frankreich und die Niederlande erreichen.

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(Bild: Ulf Wittrock/Shutterstock.com)

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Deutschland, Frankreich und die Niederlande setzen sich im EU-Ministerrat dafür ein, die Telekommunikationsüberwachung von Autofahrern und weiteren Insassen grenzüberschreitend zu vereinfachen. Auch das Verfolgen von Fahrzeugen mit GPS-Trackern in anderen Mitgliedsstaaten soll der Polizei erleichtert werden. Das Trio drängt dazu auf eine Reform der gesetzlichen Grundlagen für die Europäische Ermittlungsanordnung (EEA). Dies geht aus einem inoffiziellem, vertraulichen Papier vom September hervor, das das Generalsekretariat des Rats Anfang November an die zuständigen Expertengruppen des Ministergremiums geschickt und die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch jetzt veröffentlicht hat.

Die EEA-Richtlinie greift seit 2016 und ermöglicht prinzipiell bereits eine grenzüberschreitende Telekommunikationsüberwachung. Polizei- und Justizbehörden können damit auch andere Mitgliedstaaten um weitere Ermittlungsmaßnahmen ersuchen wie die Befragung von Zeugen oder die Herausgabe von Dokumenten. Allerdings bedürfen die Vorschriften zur grenzüberschreitenden Fahrzeugüberwachung einer Klarstellung, betonen Deutschland und seine zwei Nachbarstaaten in dem "Non-Paper".

Derzeit stoßen einschlägige Operationen dem Trio zufolge häufig auf rechtliche Hürden, die separate Genehmigungen oder Unterbrechungen erforderten, wenn Verdächtige Grenzen überschreiten. Dies habe die viel beachtete "Ibiza-Affäre" gezeigt, erläutert Statewatch. Darin haben Deutschland und Österreich in zahlreichen EEAs zu Observationen und Funkzellenauswertungen für einen der vermuteten Hintermänner der Videoaufzeichnungen über den einstigen österreichischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) Kritikern zufolge die Befugnisse der Strafverfolger deutlich überdehnt.

Ein neuer Artikel 31a der EEA-Richtlinie soll dem Willen der drei Länder entsprechend eine nahtlose Fortsetzung der Überwachung ermöglichen, wenn Fahrzeuge mit Verdächtigen in einen anderen EU-Staat einreisen. Dabei wäre dann nur noch eine Benachrichtigung der dortigen Behörden nötig. Das Einholen einer vorherigen Zustimmung würde entfallen. Das Mitgliedsland, in dem die Beschattung fortgesetzt wird, könnte entsprechende Maßnahmen aber noch stoppen. Dazu müsste es anführen, dass diese gegen nationales Recht verstoßen. In dem Vorschlag sehen Deutschland & Co. eine "solide Grundlage" für ihr Anliegen.

Grenzüberschreitende GPS-Verfolgungen seien prinzipiell bereits in Artikel 40 des Schengener Abkommens geregelt, erläutert Netzpolitik.org. Die darin enthaltenen einschlägigen Bedingungen fielen aber strikter aus als in der EEA. Mit der neuen Initiative würden die Begrenzungen auf bestimmte Straftaten und die Zustimmungspflicht des ersuchten Staates innerhalb von fünf Stunden entfallen. Die EEA-Richtlinie erfordere generell keine vorherige Einwilligung. Vielmehr gelte eine grenzüberschreitende Anordnung als gebilligt, wenn der betroffene Staat keinen Widerspruch einlege.

Eine einschlägige Empfehlung zur EEA-Novelle taucht auch in einem geleakten Entwurf zur Bewertung des Instruments auf, den das Generalsekretariat Ende Oktober an die Delegationen der Mitgliedstaaten sandte. In Kommentaren dazu fordert Tschechien zusätzliche gesetzliche Bestimmungen, die sich nicht "nur auf Fahrzeuge beziehen". Die Regierung in Prag betont, dass grenzüberschreitende Überwachung "beispielsweise auch Flugzeuge betreffen" könne. Zudem beziehe sich die Installation von Spyware wie Staatstrojanern "eher auf Telefone oder Server".

Das Sekretariat merkt an, die aktuelle Evaluierungsrunde habe gezeigt, "dass die Richtlinie von den Mitgliedstaaten häufig angewendet wird und in der Praxis im Allgemeinen gut funktioniert". Es gebe aber noch Raum für Verbesserungen. So sei etwa klar geworden, "dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansätze in Bezug auf die Frage haben, ob Überwachungsmaßnahmen mit technischen Mitteln, wie etwa GPS-Tracking oder das Abhören von Fahrzeugen", überhaupt unter den Begriff der Telekommunikationsüberwachung fielen. Schon dazu bedürfe es einer Verdeutlichung.

(nen)