Die GEMA steht "fest an der Seite der Musikindustrie"

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte feiert ihr hundertjähriges Bestehen.

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Von
  • Richard Sietmann

Am 14. Januar 1903, anderthalb Jahre nach dem Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes, gründete der Operettenkomponist und preußisch-königliche Generalmusikdirektor Richard Strauss gemeinsam mit Paul Lincke und anderen Kollegen von der Genossenschaft Deutscher Komponisten in Berlin die Deutsche Anstalt zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte, heute als Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) bekannt. Die Verwertungsgesellschaft von Urheberrechten in der Rechtsform eines wirtschaftlichen Vereins vertritt gegenwärtig die Interessen von rund 60.000 Komponisten, Textern und Musikverlegern.

Wer immer urheberrechtlich geschützte musikalische Werke zur Aufführung bringt oder zur Hintergrundberieselung im Kaufhaus, als Ruftonmelodien oder Werbejingles nutzt, wer sie auf CDs vertreibt oder in Funk und Fernsehen sendet, der muss dafür Lizenzgebühren an die GEMA abführen, die auf diesem Wege im vergangenen Jahr mehr als 800 Millionen Euro einnahm. Nach Abzug der Verwaltungskosten, die nach GEMA-Angaben unter 15 Prozent liegen, schüttet sie die Lizenzeinnahmen nach einem komplexen Verteilerschlüssel an die Musikschaffenden und Rechteinhaber aus. Neben den Honoraren von Plattenfirmen und Auftraggebern stellen die Tantiemen für die Komponisten ein willkommenes Zusatzeinkommen dar. Die Ausschüttung erfolgt nach einem Punktesystem, das zwischen U-Musik, gehobener U-Musik und E-Musik unterscheidet: 12 Punkte gibt es beispielsweise für einen Popsong, groß besetzte Orchesterwerke von mehr als sechzig Minuten Dauer bringen dem Urheber 1200 Punkte.

Nach demselben Prinzip nehmen die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) die Interessen von Schriftstellern und die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) die von Fotografen, Bildenden Künstlern, Designern und Filmregisseuren wahr. Die Autoren- und Künstlervertretungen operieren auf der Grundlage des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes von 1965, das die Verwertungsgesellschaften der Aufsicht durch das Deutsche Patent- und Markenamt unterstellt und aufgrund ihrer Monopolstellung verpflichtet, vom Schulchor bis zum Showproduzenten jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte an den Werken einzuräumen.

Von den 1100 GEMA-Mitarbeitern sind rund hundert im Außendienst unterwegs, um säumige Veranstalter und Werknutzer an ihre Melde-, Lizenz- und Gebührenpflicht zu erinnern. Aber die GEMA versteht sich nicht nur als "Musikfinanzamt" oder "Inkassobüro", sondern auch als "Schutzorganisation für den schöpferischen Menschen". Sie macht Politik, indem sie sich aktiv, wie sie es nennt, "für die Rechtsfortbildung des Urheberrechts" einsetzt.

Waren vor hundert Jahren vor allem Kaffee- und Ballhausbesitzer die "Piraten", die ungeniert die Werke zeitgenössischer Komponisten ihrer Kundschaft zur gefälligen Unterhaltung darboten, so sorgt sich die GEMA heute vor allem um das Raubkopieren aus dem Internet und das illegale Brennen von CDs, die "einer ganzen Kulturgattung die wirtschaftliche Existenzgrundlage" entziehen. Sie macht sich daher für den Einsatz von Kopierschutz- und Kontrollsystemen im Internet stark. In der anstehenden Novellierung des Urheberrechtsgesetzes, die gegenwärtig im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages beraten wird, befürwortet sie das Verbot der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen und plädiert dafür, die Access Provider ähnlich wie im Kampf gegen Nazi-Propaganda und Kinderpornografie auch zur Verhinderung des Musikdiebstahls stärker in die Pflicht zu nehmen.

"Die Mitglieder der GEMA stehen fest an der Seite der Musikindustrie, wenn es darum geht, das rechtliche und technische Instrumentarium zu entwickeln und durchzusetzen, den Piraten im Internet das Handwerk zu legen", schreibt der GEMA-Chefsyndikus Professor Jürgen Becker im Jubiläumsjahrbuch. Es müsse ein gemeinsames Anliegen von Politik und Gesellschaft sein, die Musikindustrie sowie die schöpferischen Urheber und Künstler bei ihrem gemeinsamen Überlebenskampf zu unterstützen. "Denn der finanzielle Schaden durch Musikdiebstahl, der bereits die Milliardengrenze überschritten hat, schmälert nicht nur die Gewinne der Konzerne, was häufig, jedoch leider oft mit einer gewissen Häme vermerkt wird, sondern Musikdiebstahl greift insbesondere direkt in die Taschen der schöpferischen Komponisten, Autoren und Künstler."

Anlässlich des hundertjährigen Bestehens betonte der Vorstandsvorsitzende und langjährige CSU-Bundestagsabgeordnete (1969-1990) Reinhold Kreile die Notwendigkeit, "im wichtigen Marktsektor der privaten Vervielfältigung die Rechte der schöpferischen Menschen auch in der digitalen Welt durchzusetzen". Er appellierte "eindringlich" an die Bundesregierung und alle politisch Verantwortlichen, die Urheberrecht-Richtlinie der Europäischen Union umgehend in deutsches Recht umzusetzen. Kreile ist überzeugt, daß die GEMA "auch in den nächsten hundert Jahren eine verlässliche Treuhänderin ihrer Mitglieder" sein wird. (Richard Sietmann) / (anw)