Die Internet Engineering Task Force gehört sich bald selbst

Nach monatelangem Ringen haben Vertreter der wichtigsten Standardisierungsorganisation der IP-Welt die vertragliche Grundlage für den IETF-Treuhandfonds ausgehandelt.

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Von
  • Monika Ermert

Das Internet- und IP-Standardisierungsgremium Internet Engineering Task Force (IETF) hat bald etwas zu vererben: Nach monatelangem Ringen haben Vertreter der wichtigsten Standardisierungsorganisation der IP-Welt die vertragliche Grundlage für den IETF-Treuhandfonds ausgehandelt. Der sichert der IETF erst einmal die Rechte an ihrem eigenen Namen, dem eigenen Logo, der zugehörigen Domain www.ietf.org plus der Adressen von IETF-Gremien wie dem Internet Architecture Board (IAB), der Internet Engineering Steering Group (IESG) und der Internet Research Task Force (IRTF). Beim IETF-Treffen in Vancouver bat Lucy Lynch, Vorsitzende des neuen Administrativ-Gremiums IAOC der IETF, in einem "Last Call" um eine rasche Zustimmung durch die IETF-Gemeinde.

Bislang hatte Bob Kahn, einer der Väter von TCP/IP, die Internetadressen und auch Daten zu IETF-Teilnehmern in Besitz gehalten. Über dem Wunsch der IETF-Spitze, seine Sekretariatsaufgaben und die Planung der drei Mal jährlich stattfindenden Treffen auszuschreiben, hatte man sich mit Kahn zerstritten. Denn er hätte die Aufgaben gerne bei der von ihm geschaffenen Firma Foretec Seminars belassen. Mit der Bildung des Treuhandfonds soll der Streit nun endgültig beigelegt werden. In den Treuhandfonds werden gleichzeitig auch die Rechte an der Webseite der IETF, an Unterlagen der Arbeitsgruppen und auch an historischen und aktuellen RFCs, den IP- und Internet-Standardisierungsdokumenten eingebracht.

Ein Teil der Rechte, etwa das Copyright für neuere RFCs, kommt dabei von der Internet Society, die in vielen Belangen als Außenvertretung der IETF auftritt und derzeit größter Einzelgeldgeber der IETF ist. Sobald die IETF durch die Treuhandkonstruktion über die Domains verfügt, kann sie damit auch künftige Dienstleister für die Zeit beleihen, in der sie für die IETF tätig sind. Noch bis 2007 verbleiben die Sekretariatsaufgaben bei Foretec, dann allerdings unter dem Dach der .biz-Registry Neustar. Kahn hatte selbst angesichts des Streits die Konsequenz gezogen und den Verkauf von Foretec betrieben.

2007 sollen dann Sekretariatsaufgaben, die Organisation der Treffen und auch die Arbeit des RFC-Editors neu ausgeschrieben werden. Die Edition der Standards und Best Practice Dokumente oder experimenteller Papiere wird bis heute dort erledigt, wo Internet-Pionier Jon Postel dies 28 Jahre lang erledigt hat, am ISI der University of California in Los Angeles (UCLA). Dort schafft man es kaum noch, die wachsende Zahl der Dokumente zu bewältigen – heute scheint es kaum zu glauben, dass Postel über diese lange Zeit nicht nur der RFC-Editor, sondern praktisch auch noch die Adress- und DNS-Verwalter von IANA und ICANN in einer Person darstellte.

RFC-Editor Joyce Reynolds berichtete in Vancouver von rund 3000 Seiten editierten Dokumenten von August bis November. Angesichts eines beachtlichen Rückstands beim Durchsehen der Dokumente ist im gerade veröffentlichten 3,8-Millionen Dollar-Budget der Organisation eine Stelle für eine zusätzlichen Redakteur vorgesehen, denn vor der Ausschreibung 2007 sollen die Dokumente publiziert werden, sobald sie eingehen.

Weil man der ISOC nicht noch mehr auf der Tasche liegen will – für 2007 übernimmt sie 1,5 Millionen Dollar –, wird die Teilnahme an den IETF-Treffen im kommenden Jahr übrigens teurer. Statt 500 Dollar müssen Teilnehmer 550 Dollar beisteuern. Sponsoren für den Treuhandfonds dürften daher also nicht unwillkommen sein. Trotz Kritik einzelner IETF-Teilnehmer, dass der Deal mit Kahn zu sehr hinter verschlossenen Türen ausgehandelt worden sei, gehört die IETF nun also bald sich selbst. (Monika Ermert) / (jk)