Die Männer haben sich durch den Feminismus entmachten lassen

Der Soziologe Gerhard Amendt beklagt wieder einmal den Untergang des Männlichen.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Männer scheinen sich schon seit geraumer Zeit im Geschlechterkampf auf der Verliererseite zu wähnen. Der Feminismus, der dem männlichen Geschlecht nicht nur zwanghaften Herrschaftsanspruch unterstellt, sondern auch für viele Übel der Weltordnung verantwortlich macht, hat das starke Geschlecht weich gespült. Möglicherweise kommt auch daher der Hass der westlichen Männer gegen den Islam, in dem scheinbar noch die Männerherrschaft ungebrochen ist, so dass man sich hier ungebrochen für Emanzipation einsetzen kann, mit der man womöglich in den eigenen Geschlechterbeziehungen hadert.

Nun also hat also auch wieder einmal der Soziologe Gerhard Amendt, bis 2003 Direktor des Instituts für Geschlechter- und Generationenforschung an der Universität Bremen, den Männern – und vor allem den Intellektuellen - vorgeworfen, sich zu lange vor den Vorwürfen von Seiten des Feminismus weggeduckt zu haben. In einem Interview mit der Welt sagte der Autor, dessen Bruder Günter Amendt 1970 das legendär gewordene Aufklärungsbuch "Sexfront" veröffentlicht hatte: Es gab "eine wirklich große Unterlassung unter Männern während der letzten zwanzig Jahre. Sie haben zu dem abschätzigen Männerbild geschwiegen, das der feministische Diskurs über sie in die Welt gesetzt hat. Wohlgemerkt, der Feminismus, nicht die Frauenbewegung. Diesen Fehler haben in erster Linie die Männer in den Wissenschaften, der Politik und der intellektuellen Eliten zu verantworten. Eine mysandrische Mentalität hat sich ausgebreitet."

Die Männer hätten sich die Schuld für die Missstände in der Welt zuschieben lassen, während die Frauen ihr Gewissen entlasten konnten. Amendt versucht irgendwie, zwischen berechtigter Frauenbewegung und irgendwie überzogenem Feminismus zu unterscheiden. Überzeugend ist dies nicht, auch wenn im feministischen Diskurs wie in vielen Ideologien das einfache Schwarz/Weiß-Bild von den stets unterworfenen weiblichen Opfern und den dominanten Männern gepflegt wurde. Amendt spricht gar von einer Zuordnung der Männer zu einer "Henkerkategorie". Die Frauen hätten es geschafft, den Respekt für ihre Wünsche und Interessen durchzusetzen, das sei aber zu Lasten des Respekts für Männer und Jungen geschehen.

Amendt stört vor allem die Quotenpolitik, weswegen er den Feminismus – warum aber nicht auch die Frauenbewegung? – als "alles durchdringende Bürokratie der verfestigten Ungleichbehandlung von Männern und Bevormundung der Frauen" bezeichnet. Man habe, so der einst linke Soziologe, die Leistungskategorie außer Kraft gesetzt und diskriminiere schon die Jungen an der Schule – nicht nur im Hinblick auf die Benotung, sondern weil angeblich im Unterricht das "Feminine" vorherrsche. Beispiele gibt er dafür freilich nicht, aber es reicht dafür, dass hier das "männliche Wesen" auf der Strecke bleibe. Da scheint doch das Leiden an der nicht mehr anerkannten Männlichkeit ziemlich hoch zu sein, vom Jammern ist Amendt nicht fern, das er doch den Frauen unterstellt, die irgendwie auf perfide Weise doch ihre Interessen durchsetzen konnten. Überhaupt unterstellt Amendt, dass Männer mehr auf der Seite der Wirklichkeit stehen, während er gleichzeitig bedauert, dass die Frauen mehr und mehr Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit usurpieren und feminisieren.

Männer, so Amendt, fordern Vergütung der Leistung und setzen ihre Interessen durch, Frauen wollen angeblich nur anerkannt werden, ohne dies einzufordern oder dafür Leistung zu bieten: "Die feminine Welt ist eine, wo die Brust zum Kind kommt. Das ist der Urtypus des einfachen, aber großartigen Überlebens. Unter Erwachsenen geht das nicht mehr. Frauen müssen selber wissen und offensiv testen, was sie wert sind." Wie meist, wenn es um Geschlechterbeziehungen geht, werden Stereotypen gewälzt, an denen meist etwas dran ist, ohne dass sie deswegen auch richtig werden – so wie halt auch die Streitereien zwischen den Geschlechtern nicht wirklich lösbar sind.

So etwa, wenn Amendt erläutert, wie Frauen und Männer die Aggression umsetzen, die bei beiden genauso hoch sei: "Frauen reagieren ebenso aggressiv als Folge von Kränkungen und Versagungen, aber Männer wenden die Aggression eher nach außen, um sie dort zu sublimieren, und haben eine Technik des Durchsetzens und Eroberns oder Erfindens entwickelt, während die Frauen eher dazu neigen, die Aggression gegen sich zu wenden, etwa ins Depressive. Sie reden viel, können aber nicht handeln." Da könnte man meinen, hier spiegle sich die Politik der schwarz-gelben Regierung unter Kanzlerin Merkel wider, auch wenn man Depression nichts spürt, eher schon von geschicktem Durchlavieren. Zur gepriesenen männlichen "Technik" des Durchsetzen, Eroberns und Erfindens hätte man aber doch gerne etwas mehr gehört.