Die SPD in Weimar: Innovationsoffensive im Zeichen des Wahlkampfs

Innovativ oder nicht, die "Weimarer Leitlinien" der SPD machen jedenfalls Wind in der Diskussion um gesellschaftliche Erneuerung -- nicht nur in Sachen Bildung.

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Von
  • Nils Heeren

Um Elite-Hochschulen sowie Bildungsreformen und "gesellschaftliche Innovation" ging es auf der SPD-Klausurtagung. Zum Abschluss wurden die Weimarer Leitlinien "Innovation" beschlossen. Bildungs- und Ausbildungsgerechtigkeit, bessere Hochschulen, Innovationsförderung: Hieraus entspann sich dann auch die -- den SPD-Oberen angesichts diverser Wahlkämpfe im Jahr 2004 sicher nicht unlieben -- publikumswirksame Diskussion um Elite-Hochschulen. Weitere Aspekte der "Leitlinien" sind: Vereinbarkeit von Beruf und Familie (mehr erwerbstätige Frauen, Verjüngung der Gesellschaft), lebenslanges Lernen und neue Arbeitszeitmodelle (weniger Erwerbslose, Qualifikation bis ins Rentenalter). Der Dauerbrenner Arbeitslosigkeit wird markig angegangen: "Alle vorhandene Arbeit muss mobilisiert und getan werden", denn für alle Reform und Innovationsvorhaben braucht es Geld. Darum blieben auch die Sicherung der Sozialsysteme sowie Konsolidierung der Staatsfinanzen auf der Tagesordnung.

Immerhin hat die SPD mit dem Vorstoß um Elite-Hochschulen eine Steilvorlage für Diskussion um Bildung und Innovation geliefert, den zweiten Punkt der "Agenda 2010" also -- eine Steilvorlage aber auch für Kritiker und protestierende Studenten, die angesichts massiver Kürzungen bei den Ausgaben für die Hochschulen den Vorschlag zur eiligen Schaffung von Elite-Unis für ziemlich absurd halten. Bundeskanzler Gerhard Schröder räumte zudem ein, dass der erste Aspekt der Agenda noch nicht in allen Bereichen abgeschlossen sei -- der Umbau der sozialen Sicherungssysteme nämlich, aus denen die nun folgende "Innovationsoffensive" finanziert werden solle. Also geht man mit gutem Vorsatz voran und bittet die Wirtschaft um Hilfe.

Klartext kommt dann von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn: Finanziert werden soll die Bildungs- und Innovationsoffensive -- und damit auch etwa zehn Elite-Hochschulen -- mittels einer so genannten "Allianz für Innovationen", aber eventuell auch durch eine Erhöhung der Erbschaftssteuer. Bund und Länder wollen ein Drittel, die Wirtschaft soll nach Vorstellung der Bundesregierung zwei Drittel der Kosten übernehmen. Eine Steigerung der Aufwendungen von derzeit 2,5 % auf 3 % des Bruttoinlandsprodukts soll bis 2010 erreicht werden. Fest vorgenommen hat sich die Bundes-SPD in den Weimarer Leitlinien auch die Prüfung, ob eine Stiftung "'Bildung, Forschung und Entwicklung' einen Beitrag zur Finanzierung zentraler Innovationsprojekte leisten" könne.

In einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung nahmen Reinhard Bütikofer (Parteivorsitzender der Grünen) und Katrin Göring-Eckardt (Fraktionsvorsitzende im Bundestag) bereits Stellung zu verwandten Themen: Für die Innovationsallianz wird Nachhaltigkeit gefordert, ihre Ausrichtung solle Wirtschaft, Verwaltung und Politik gleichermaßen betreffen. Nicht nur in Bildungsfragen treten die Autoren ein für mehr Selbstbestimmung und weniger Bürokratie.

Die Reaktion der Oppositionsparteien auf die SPD-Vorstöße ist erwartungsgemäß kritisch. FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper sowie Sachsen-Anhalts Finanzminister Karl-Heinz Paqué bemängeln den Widerspruch zwischen gegenwärtiger Rotstiftpolitik (Kürzung von Hochschulmitteln) und Förderung derart großer Bildungsprojekte wie Elite-Hochschulen. Ferner stehe laut FDP das Gesamtschulkonzept der Begabtenföderung im Wege. Katherina Reiche, bildungs- und forschungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bezeichnet die Finanzierung der Bildungsinvestitionen als "Steuererhöhung unter dem Deckmantel der Innovation". In ihrer Stellungnahme wirft sie der SPD-Linken "Sozialneid und altes 68er Denken" vor. Die als Gegenvorschlag gebrachten "'Public-Private-Partnerships', ein neues Stiftungsrecht und die Einführung von Studienbeiträgen" sind allerdings zum Teil gar nicht so weit entfernt von den Vorschlägen der SPD. (nhe)