Digital Autonomy Hub will selbstbestimmte Datennutzung voranbringen

Auf dem Digital Autonomy Hub wurde die Notwendigkeit der Transparenz von Datennutzung diskutiert. Das interdisziplinäre Netzwerk will sich dafür einsetzen.

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Social,Network,And,City.

(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Persönliche Daten zu nutzen, um daraus neue Erkenntnisse zu gewinnen, ist grundsätzlich nichts Böses. Heikel wird die Angelegenheit allerdings, wenn diejenigen, von denen die Daten stammen, nicht wissen, was damit geschieht. Der Digital Autonomy Hub will hier für mehr Klarheit sorgen. In Hamburg wurden jetzt die Ergebnisse von Forschungsprojekten zu diesem Thema vorgestellt.

"Wer von Ihnen Google Maps genutzt hat, um den Weg zu dieser Veranstaltung zu finden, hat Daten gespendet", eröffnete Christian Kray von der Universität Münster den Teilnehmern der Tagung. Vielen Nutzerinnen und Nutzern sei aber nicht bewusst, wie viele Informationen über sie aus diesen vermeintlich anonymen Daten abgeleitet und in Gestalt personalisierter Werbung oder Dark Patterns gegen sie verwendet werden können.

Eine im Rahmen des Projekts SIMPORT entwickelte App soll dem entgegenwirken, indem sie visualisiert, was sich aus den Daten ablesen lässt. Kray räumte ein, dass dies allerdings nur einen ersten Eindruck vermitteln könne. Große Konzerne wie Google könnten mit ihren gewaltigen Rechenkapazitäten ganz andere Datenmengen verarbeiten und sie zudem noch mit Sekundärdaten aus anderen Quellen kombinieren.

Auch andere Apps, die im Rahmen des Digital Autonomy Hubs mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung entwickelt wurden, setzen auf Visualisierung. UsableSec@Home etwa zeigt die Datenströme zwischen den verschiedenen Komponenten eines Smarthomes mithilfe von Augmented Reality in Gestalt sich bewegender Linien an. Auch DataSkop nutzt die Kraft bildlicher Darstellungen, um sinnlich erfahrbar zu machen, was mit den Daten geschieht, die bei sozialen Medien wie Youtube oder TikTok hinterlassen werden. Hier waren Nutzerinnen und Nutzer aufgerufen, ihre Daten freiwillig zu spenden, um die Funktionsweise der von diesen Plattformen verwendeten Empfehlungsalgorithmen zu ergründen. Daraus sollen unter anderem Lehrmaterialien für den Schulunterricht entwickelt werden.

Ein besonders sensibles Feld sind medizinische Daten. Hier ist es das Anliegen von Apps wie ViCon oder WerteRadar, die Datenspende transparenter zu gestalten. "Es geht uns darum, dass die Patienten verstehen, wofür und warum sie spenden", erklärte Peter Sörries, der an der Freien Universität Berlin das Projekt WerteRadar mit betreut. Häufig gingen die Patienten davon aus, dass sie ihre Daten ohnehin spenden müssten. Anders als bei personenbezogenen Ortsinformationen oder Daten, die von sozialen Medien abgesaugt werden und deren Verarbeitung vollkommen intransparent erfolgt, könnten Gesundheitsdaten zudem von großem gesellschaftlichem Nutzen sein, sollten aber von aufgeklärten Patienten bewusst gespendet werden.

Zu Beginn der Tagung wurde zum zweiten Mal der Digital Autonomy Award verliehen, mit dem Technologien ausgezeichnet werden, "die dazu beitragen, Menschen einen reflektierten und selbstbestimmten Umgang mit ihren Daten, Geräten und Anwendungen zu ermöglichen". Diese Ehrung ging diesmal mit der App drip zur Verfolgung und Überwachung des Menstruationszyklus ebenfalls an eine im weitesten Sinne medizinische Anwendung. "Die App soll es menstruierenden Personen erleichtern, selbstbestimmt zu handeln, indem sie ihr Körperwissen erweitern und darauf aufbauend Entscheidungen treffen. Die Auswertungen in der App sind nachvollziehbar und durch Informationstexte in der App erklärt", heißt es in der Projektbeschreibung. Zudem blieben die erhobenen Daten unter der Kontrolle der Nutzerinnen.

Auf den ersten Blick kann es irritierend wirken, wenn dabei die genderneutrale Gestaltung dieser App ausdrücklich hervorgehoben wird. Sie hätten Wert darauf gelegt, drip so offenzuhalten wie möglich und niemanden auszuschließen, erklärte dazu Marie Kochsiek, die Initiatorin des Projekts. So könne etwa ein Ausbleiben der Menstruation über längere Zeit durchaus die eigene geschlechtliche Identität infrage stellen.

Bemerkenswert an dieser Open-Source-App ist auch, dass sie vollkommen unabhängig von Forschungsinstitutionen oder Firmen entstanden ist. Sie stelle ein reines Freizeitprojekt dar, sagt Kochsiek: "Man könnte es wohl am ehesten als digitales Ehrenamt bezeichnen."

(olb)